Unterwasserschach: „Ein Kilo Fett verloren, einen Liter Wasser geschluckt“

4. September 2024

Tauchen. Zug ausführen. Luft schnappen. Und wieder tauchen. So lief es kürzlich bei der Deutschen Unterwasser-Meisterschaft des Schachklub Troisdorf. „Das hat richtig Spaß gemacht, die Leute waren alle begeistert“, sagt Ewald Heck, der Vorsitzende des Vereins, für den dieses originelle Turnier ein Highlight war im Jahr des 100-jährigen Bestehens. Der Verein hat im Jubiläumsjahr eine ganze Turnierserie veranstaltet – und eben auch diese Unterwassermeisterschaft. Matthias Wolf aus dem DSB-Team Öffentlichkeitsarbeit hat mit dem Organisator gesprochen, Thomas Möws vom SK Troisdorf. Der 49-jährige Möws hat selbst auch mitgespielt, landete auf Rang zwölf unter 24 mutigen Tauch- und Denkmeistern. Champion wurde Oleg Parashchenko vom Ford-SC Düren 73, der mit seinen 2136 Elopunkten auch favorisiert war.

Thomas Möws mit T-Shirt und Mikrofon

Herr Möws, Schach in einem Schwimmbecken zu spielen, wohlgemerkt am Beckenboden und nicht mit einem Cocktail in der Hand auf der Luftmatratze – sorry, klingt irgendwie bekloppt…

…bekloppt? Da sind Sie jetzt der Erste, der das sagt.

War nicht so gemeint…

…Sie haben ja recht: Klingt im ersten Moment schon verrückt. Aber das war letztlich ein großer PR-Erfolg für uns. Und: Wir hatten richtig viele Zuschauer, die von den Liegewiesen, sogar aus der Sauna, zum Zugucken kamen. Sogar das Fernsehen war da.

Wie anstrengend war das Turnier? Stimmt es, dass zwischenzeitlich eine Mund-zu-Mund-Beatmung bei Ihnen nötig war?

(lacht) Das ist ein Gerücht. Stimmt also nicht. Wobei ich sagen muss, ich bin ja bei 110 Kilo, verteilt auf 1,80 Meter kein Leichtgewicht und hatte schwer zu kämpfen mit der Kraft des Wassers, dem Auf- und Abtauchen. Da ist Masse ja eher ein Nachteil. Ich würde sagen: Ich habe bestimmt ein Kilogramm Gewicht verloren, wobei: Ich habe bestimmt auch nur Fett durch Wasser ersetzt, weil ich gleichzeitig auch einen Liter geschluckt habe. Kurzum: Ich war nach den fünf Runden richtig platt.

Wie bereitet man sich auf ein solches Turnier vor?

Ich hatte vorher nur einmal trainiert, gemeinsam mit dem Tauchclub Troisdorf – und ich muss sagen: Das war echt anstrengend. Vergleichbar mit einem langen Schwimmbadtag, bei dem man aber nicht nur im Wasser liegt, sondern auch was tut. Mit den Kindern spielt, schwimmt.

Wie kommt man denn auf so eine, nun ja: interessante Idee?

Ein Bekannter aus Österreich hat mich drauf gebracht. Er kannte das vom Betriebssport. Die machen sowas in Österreich öfter. Ich habe sofort gedacht: witzige Idee. Und unser Schwimmbad, das Agguabad, war auch sofort begeistert. Die haben zum Aufwärmen in den Pausen Tee bereitgestellt, es gab auch Handtücher für die Mamas zum Warmrubbeln ihrer Kids. Trotz 26 Grad Wassertemperatur haben da manche Teilnehmer ganz schön gezittert.

Wie muss man sich Unterwasserschach vorstellen?

Wir hatten sogar einen Schiedsrichter. Im Grunde galten die FIDE-Regeln – mit ein paar Zusatzregeln. Kein Neopren-Anzug, kein Sauerstoffgerät oder Schnorchel. Man durfte nur Luft holen, so lange der Gegner unten ist. Wenn er aufgetaucht ist, musste man wieder runter.

Das hat ja was von Briefschach - man sieht den Gegner gar nicht persönlich am Brett…

Ich würde eher sagen, das war mit Blick auf die Bedenkzeit, die einem blieb, ein langsames Blitzen oder ein kurzes Schnellschach. Meine längste Bedenkzeit waren 40 Sekunden, mehr Luft hatte ich nicht in der Lunge. Es war nicht erlaubt, ohne den Zug gemacht zu haben, aufzutauchen. Um besser unten bleiben zu können, lagen neben dem Brett Hanteln und Bleigürtel.

Wie hat man mit dem Gegner kommuniziert, den man ja allenfalls auf dem Hin- oder Rückweg zum Beckenboden getroffen hat?

Es gab Handzeichen. Ein Kreuz zu zeigen, war zum Beispiel ein Remis-Angebot.

Wie bleiben Figuren und Bretter am Boden? Gibt es dafür Spezialmaterial?

Wir denken für eine Neuauflage über Metallbretter nach, in der Tat. Aber diesmal haben wir es anders gelöst: Auf eine Metallplatte haben wir eine normale Plastikfolie geklebt, die handelsüblichen Figuren hatten Magnete unten. Hat gut funktioniert, nur beim König war aufgrund seines Gewichts richtig viel Kleber nötig. Der machte sich hin und wieder selbständig und wollte auftauchen.

Und, schon die nächste spannende Turnier-Idee? Vielleicht in luftiger Höhe?

Nee, ich plane gerade eine ganz normale Kreismeisterschaft, am Boden, ohne Wasser. Aber Unterwasserschach hat mich gepackt. Da muss nächstes Jahr unbedingt eine Neuauflage her.

Der 49-Jährige richtete am 25. August 2024 im Agguabad Troisdorf die erste* Unterwasserschach-Meisterschaft aus. 24 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus dem gesamten Bundesgebiet hatten sich angemeldet. Daniela Simon (Geschäftsführerin des Agguabades) begrüßte als Hauptsponsor die Gäste und freute sich über die starke Resonanz. Erkan Zorlu als Stellvertretender Bürgermeister hob die Bedeutung dieses außergewöhnlichen Ereignisses für Troisdorf hervor. Der Vereinsvorsitzende Ewald Heck wünschte den Sportlern einen langen Atem und gute Ideen. Thomas Möws, Alberto Campos und Jean-Pierre Fuß vom Schachklub sorgten für einen reibungslosen Ablauf des fünfrundigen Turniers. Der Sub-Aqua-Club Troisdorf half u.a. beim Befestigen der Schachbretter am Beckenboden. Abtauchen, einen Zug ausführen und wieder nach oben gleiten, so ging es im Wechsel bei den Spielern zu. Taucherbrillen waren erlaubt. Mit Gewichten und Tauchgürteln konnten die Akteure sich am Boden halten. 10 Kinder ließen sich die Chance auf die Teilnahme nicht entgehen. Viele Partien waren nach einer guten halben Stunde entschieden. Selbst bei einer Wassertemperatur von 26 Grad bekamen etliche das Frieren. Frau Simon hatte heiße und erfrischende Getränke, Obst und Snacks zur Stärkung bereitstellen lassen. Um das Schwimmbecken herum gab es viele Besucher, die sich das Spektakel anschauten. Thomas Möws gratulierte dem neuen Deutschen Meister Oleg Parashchenko vom Ford-SC Düren 73 e. V. und überreichte den drei Ersten Pokale. Jean-Pierre Fuß belegte als bester Troisdorfer den 4. Platz. Alle Teilnehmer erhielten eine Medaille. Ausführliche Infos gibt’s auf der Webseite zu lesen. Weitere überregionale Turniere hat der Klub in Vorbereitung! (mw)

Endstand

Pl. Teilnehmer DWZ Verein Pkt. Buch SoBe S R N
1 Oleg Parashchenko 2155 Ford-Schachclub Düren 4,5 18,0 16,25 4 1 0
2 Lorenz Gauchel 1912 FC Bayern München 4,0 16,0 11,50 4 0 1
3 Stefan Vu Richter 1831 Hannover 96 4,0 13,5 9,00 4 0 1
4 Jean-Pierre Fuß 1957 1. SK Troisdorf 3,5 16,0 9,75 3 1 1
5 Taylan Gülsen 2095 SK Brühl 3,5 14,0 8,75 3 1 1
6 Michel Loheide 2016 Schachfüchse Kempen 3,5 14,0 8,25 3 1 1
7 Maxime Hallen 1726 1. SK Troisdorf 3,0 12,5 5,00 3 0 2
8 Mark Riebienkov 1357 Düsseldorfer SK 3,0 12,0 5,00 3 0 2
9 Valentin Sejdini 1794 1. SK Troisdorf 2,5 15,5 6,25 2 1 2
10 Jonas Wissen 1373 1. SK Troisdorf 2,5 13,5 5,50 2 1 2
11 Aleksey Kuznetsov 1025 Schachfreunde Brakel 2,5 13,0 4,25 2 1 2
12 Thomas Möws 1717 1. SK Troisdorf 2,5 12,0 4,25 2 1 2
13 Elijas Ragg 1308 1. SK Troisdorf 2,5 11,5 4,25 2 1 2
14 Jakob Cordier 1526 SV Erftstadt 2,0 12,5 2,50 2 0 3
15 Nathan Michelson 1046 Düsseldorfer SK 2,0 12,0 3,75 1 2 2
16 Gisela Kempken-Hetfeld 1234 ASG Aachen 2,0 12,0 2,00 2 0 3
17 Jonathan Holstein VdSF Bonn 2,0 10,0 3,25 1 2 2
18 Sofia Kuznetsova 866 Schachfreunde Brakel 2,0 9,5 2,00 2 0 3
19 Tim Glaubitz 1008 SC Bad Salzdetfurth 1,5 10,5 1,00 1 1 3
20 Lisa Driaev 790 1. SK Troisdorf 1,0 9,5 0,00 1 0 4
21 Julien Bergen SV Morsbach 1,0 9,5 0,00 1 0 4
22 Erik Wagener SV Morsbach 0,0 8,0 0,00 0 0 5

Fotogalerie

*Anmerkung der Redaktion: In vielen Publikationen, auch zuerst bei uns, war die Rede von der ersten Deutschen Meisterschaft im Unterwasserschach. Das stimmt so nicht. Danke für die Hinweise, die uns dazu erreicht haben. Der Schachclub Ellwangen richtete 2021 und 2022 Deutsche Meisterschaften (im Tauchschach) aus. Auch 2023 war Ellwangen am Start: mit der "dritten Deutschen Kinder- und Jugendmeisterschaft im Tauchschach". Bei den beiden ersten Meisterschaften durften allerdings noch Erwachsene starten.

// Archiv: DSB-Nachrichten - Breitenschach // ID 11476

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