27. April 2015
Um die Ostertage gab es viele Möglichkeiten Schach zu spielen. Persönlich nutzte ich diese Möglichkeit, um innerhalb von 4 Wochen zwei Großmeisterturniere und das Neckar-Open in Deizisau zu spielen. Nur unterbrochen von einem Bundesligawochenende.
Jetzt wo sich die schachlichen Wogen etwas glätten, gilt es einen Blick auf die letzten Wochen zu werfen und da bleibt der Blick unweigerlich bei der Schachbundesliga hängen. Diese wurde am Wochenende des 11. und 12. April beendet. Selber hatte ich das Glück den Saisonabschluss mit meinen Jungs vom Hamburger SK beim deutschen Serienmeister Baden-Baden verbringen zu dürfen.
In Baden-Baden trafen zum letzten Mal die beiden „Extreme“ Baden-Baden und Eppingen, nicht zum direkten Duell, aber als Reisepartner in dieser Saison, aufeinander. Baden-Baden auf der einen Seite als Deutscher Meister und das zum zehnten Mal, gut ausgestattet mit finanziellen Ressourcen dank des Sponsors GRENKE Leasing und somit auch mit den Spitzenspielern aus Deutschland und der Welt. Auf der anderen Seite Eppingen, in ihrer letzten Saison in der Schachbundesliga. Der Abstieg geschieht nicht aus sportlichen Gründen, sondern weil ehrenamtliches Engagement und somit die Basis der Mannschaft und der finanziellen Konstruktion wegbricht. Eine schlechte Nachricht für die Schachbundesliga, ein Schritt in die falsche Richtung. Wie ich bereits an anderer Stelle schrieb, es ist den Eppingern nicht vorzuwerfen und Vorwürfe an sich helfen an solchen Stellen nur selten weiter, aber es zeigt, dass die Schachbundesliga mit Defiziten zu kämpfen hat.
Lösungen sehe ich aus Spielerperspektive derzeit nicht. Sehr zu hoffen bleibt, dass es in Zukunft wieder zentrale Auftakt- oder Abschlussveranstaltungen geben wird und dass es die Schachbundesliga schafft, Sponsoren an Land zu ziehen und das Medieninteresse zu steigern. Dazu bedarf es einer gemeinsamen Anstrengung der Vereine, der Schachbundesliga e.V. und des Deutschen Schachbundes. Auch wir, die Spieler, sollten nicht außen vor gelassen werden, denn auch wir müssen uns mehr den Zuschauern und Fans öffnen um es attraktiver zu machen, vor Ort die Wettkämpfe zu verfolgen.
Nach dieser kleinen Abschweifung möchte ich gerne auf das eigentliche Thema dieses Artikels kommen, das Abschneiden der deutschen Spitzenspieler und Talente. Da wir sowieso schon bei Baden-Baden waren, werden wir mit den deutschen Spielern in den Reihen des Deutschen Meisters starten. Arkadij Naiditsch ist der stärkste Spieler in Deutschland, somit spielt er zurecht in den Reihen von Baden-Baden und das nicht nur auf dem Papier. Arkadij hat alle 15 Spiele gemacht und beinahe traditionell ein großartiges Ergebnis von 12 Punkten erreicht, eine Performance von fast 2800 gespielt und einige Elopunkte gewonnen.
Sein Kollege in der deutschen Nationalmannschaft Liviu Dieter Nisipeanu hatte da ein härteres Jahr. Mit 4 aus 8 hat er 50% erzielt, was unterhalb seiner eigenen Erwartungen liegt, aber kommende Saison kann Dieter wieder von Neuem angreifen.
Auch Georg Meier ist einer der wichtigsten Spieler in der Nationalmannschaft und Teil des Erfolgsteams um Team-Kapitän Sven Noppes. Er hat 6 Punkte aus 9 gespielten Partien erzielt. Eigentlich ein gutes Ergebnis, für einen starken Spieler wie Georg bedeutet das aber 7 verlorene Elopunkte. Trotzdem ist er damit eine wichtige Stütze der OSG Baden-Baden.
Auch Jan Gustafsson, der in den letzten beiden Runden wegen der Teilnahme am Thailand-Open nicht Bundesliga spielen konnte, ist einer der deutschen Top-Spieler in Diensten des Deutschen Meisters. Jan punktete mit 5,5 aus 7 sehr gut und verbesserte seine Elozahl um 5 Punkte. Das hört sich nicht sonderlich viel an, aber in den Bereichen der 2600er zählt jeder Elopunkt. Es gibt noch zwei weitere Deutsche in der stärksten deutschen Mannschaft. Rustem Dautov und Philipp Schlosser gehören zum festen Bestandteil der Mannschaft. Philipp ist den Schachfans unter anderem als Eröffnungstrainer der deutschen Frauennationalmannschaft bekannt und punktete sehr solide mit 7,5 aus 11. Aber auch Rustem muss sich mit seinen 5 aus 6 nicht verstecken.
Damit haben wir schon einen großen Teil der deutschen Spitzenspieler abgearbeitet, aber es gibt natürlich noch einige weitere, die hier Erwähnung finden müssen. Wie zum Beispiel Daniel Fridman, der Dreh- und Angelpunkt des SV Mülheim Nord. Er hatte mit seinem Team eine schwere Saison. Sogar das Abstiegsgespenst sagte zwischendurch „Guten Tag“. Aber am Ende ist es für Daniel und seine Mannschaft gut ausgegangen. Daniel trug dazu mit starken 8,5 aus 14 bei.
Viele deutsche Spieler sind beim SV Hockenheim unter Vertrag. So wie der Europameister von 2011 Rainer Buhmann, der in dieser Saison durchgespielt und dabei 10,5 Punkte geholt hat. Auch der Olympia-Teilnehmer David Baramidze ist alle 15 Partien aufgelaufen. 8 Punkte liegen sicherlich ein wenig hinter seiner Erwartung, aber sind bei nur 5 verlorenen Elopunkten keine Katastrophe.
Auch ein Schachprinz steht in Diensten von Hockenheim. Dennis Wagner sammelte in 10 Partien 4 Punkte. Für einen der stärksten deutschen Nachwuchsspieler, der in den letzten Wochen und Monaten mit großartigen Ergebnissen geglänzt hat, hätten es vermutlich ein paar Punkte mehr sein dürfen. Aber auch hier gilt, ein schlechtes Ergebnis ist es bei einem hohen Brett in der Bundesliga auch nicht.
Aber auch die Damen sollen natürlich nicht zu kurz kommen und das tun sie bei Hockenheim nicht, denn sie werden von der stärksten deutschen Spielerin Elisabeth Pähtz vertreten. Die mit 4 aus 7 fast die Hälfte der Partien gespielt hat, vermutlich hätte Elisabeth noch mehr Partien gemacht, aber auch andere schachliche Herausforderungen lagen dieses Jahr auf ihrem Weg. Die Ausbeute mit 4 Punkten ist ordentlich.
Ein weiterer Prinz hat sich in der Bundesliga etabliert. Matthias Blübaum ist beim Werder Bremen eine feste Säule, wie soll es auch anders sein mit 9,5 Punkten aus 12 Partien, ein sehr starkes Ergebnis. Mal schauen wie weit vorne er kommende Saison spielen wird. Zum ersten Brett, wie für Alexander Donchenko bei Hansa Dortmund, wird es wohl nicht reichen. Die überraschend starken Dortmunder haben dieses Experiment gewagt und sicherlich nicht bereut. 4 Punkte aus 12 Partien an Brett 1 der Schachbundesliga sind ein gutes Ergebnis. Alexander hat ebenfalls eine tolle Entwicklung gemacht und wird jetzt nach dem Abitur weiter angreifen.
Die letzte Station „Prinzen in der Bundesliga“ ist die Hansestadt Hamburg und mein Verein, der Hamburger SK. Hier gehört Rasmus Svane inzwischen als fester Bestandteil zur Mannschaft und konnte in den vergangen Jahren durch starke Ergebnisse überzeugen und sich in der Aufstellung der Mannschaft immer weiter nach vorne arbeiten. Auch diese Saison, die mit 3,5 aus 11 eher durchwachsen war, wird dem keinen Abbruch tun.
Die stärkste Liga der Welt ist eine gute Bühne für deutsche Spieler, ich hoffe ich habe niemanden vergessen. Die Zukunft der Schachbundesliga wird sicherlich ausgiebig diskutiert, als Spieler, Funktionär, Trainer von Talenten, aber auch schlicht und einfach als Schachfan hoffe ich sehr, dass die Attraktivität gesteigert werden kann.
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Jonathan Carlstedt
// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 19696