27. Oktober 2014
Tim Niklas Bingert vom SV 1920 Hofheim hat die A-Gruppe der DSAM (Deutsche Schach-Amateurmeisterschaft) Bad Soden 2014 mit "vier aus vier" für sich entschieden! Er war punktgleich mit Wolfgang Ruppert (SC Flörsheim 1921, Elo 2116), der diesmal die etwas schlechtere Feinwertung als der Erste erwischte.
Der Sieger Tim Niklas Bingert wurde 1998 geboren, ist also erst 16 Jahre jung, hat eine Elo-Zahl von 2147 und eine DWZ von 2176. Zur Erinnerung: Man kann an der DSAM bis zu einem Rating von 2300 teilnehmen, da ist für ihn also noch reichlich Platz.
Das Turnier im Taunus, das "Herbstturnier" der DSAM, war mit 282 Spielern gut nachgefragt und mit dem Bad Sodener Bürgermeister Norbert Altenkamp, dem DSB-Vize Wolfgang Gries, DSB-Referent Walter Pungartnik fand sich viel stets willkommene Prominenz ein, erst recht mit dem hessischen Schachpräsidenten Thorsten Ostermeier, der sogar mitspielte!
Begeistert waren wir besonders von der D-Gruppe mit zwei sehr jungen Siegern, die miteinander remisierten und ansonsten alles ratzekahl bezwangen, was sich ihnen entgegenzustellen wagte. Leon Hollmann ist erst 13 Jahre jung und spielt für den SC Bad Soden, ist also "der" Lokalmatador dieses Turniers – und wurde dann auch Erster. Ob die wöchentlich erscheinende "Bad Sodener Zeitung" wohl schon bei ihm für ein Interview angeklopft hat?
Punktgleiche Zweite wurde die kleine, blonde und lediglich ganz harmlos ausschauende Annmarie Mütsch (DWZ 1627 und Elo 1646) vom SC Eppingen. Aber "harmlos"? Sie ist sogar noch etwas jünger als Leon, wurde souveräne Zweite, zeigte auch in anderen Turnieren knapp vor diesem Wettkampf gute Leistungen und kann ganz sicher noch einige Stufen im Schach höher kommen, wenn sie dem Schach weiter treu bleibt. So etwas bedeutet eine Menge Training, also Zeit-Investment und schulische Leistungen, die das ermöglichen, natürlich auch schlicht weitere Lust am Schach – ebenso wie bei Leon Hollmann. Wir drücken beiden weiter die Daumen!
Werfen wir einen sehr knappen Blick auf die Besten ihrer Gruppen: Da sind Aaron Noah Koellner, Sieger der F-Gruppe und Helga Helm als beste Frau dieser Gruppe. Peter Mahler hatte die Ruhe weg und wurde Sieger der E-Gruppe; Dagmar Knobel war die beste Frau in diesem Bereich. Bereits erwähnt haben wir die unglaublichen Leon Hollmann als Sieger D-Gruppe und Annmarie Muetsch als beste Frau der D-Gruppe.
Wir wollen aber unbedingt auch Katharina Reinecke als Fünfte der D-Gruppe darstellen, die in Bad Soden ein konzentriertes Turnier spielte und sich für das Finale qualifiziert hat. Einige ihrer Partien zeigten, dass vielleicht sogar noch viel mehr drin gewesen wäre – und wir nehmen an, dass es beim nächsten Mal klappen wird. Sie wurde 2001 geboren, spielt für den hessischen SK Langen, hat eine DWZ von 1608 und eine Elo von 1647. Eigentlich hat sie, die DWZ-Karte weist es aus, immer und überall viele und "ordentliche" Turniere gespielt, noch keine brillanten ersten Plätze, aber auch mit der still sammelnden Eichhörnchen-Taktik geht’s bekanntlich ganz nach oben – wir drücken die Daumen!
Anatoli Semerow wurde Sieger C-Gruppe in Bad Soden. Eigentlich sah das seltsam mühelos und ungefährdet, aber eben auch unauffällig aus, was der Mann aus Erlangen da aufs Brett zauberte. Man guckte gar nicht richtig hin – irgendwann kam das Ergebnis: Wieder gewonnen. Am Ende waren es 4,5 Punkte aus fünf Partien, unglaublich viel, aber eben: Unauffällig. War das bei Karpow nicht auch so...?
Und die B-Gruppe wurde "Beute" von David Henrich (DWZ 2081, Elo 2062) vom SK Niederbrechen im Main-Taunus-Kreis, also gleich von nebenan. Auch er als 1993 Geborener ist einer dieser jungen Spieler, die erfreulicherweise immer öfter die vorderen Plätze erobern. Annabelle Schaefer wurde zwar beste Frau der B-Gruppe, war hier aber leider auch die einzige Teilnehmerin.
Ein besonderer Orchidee im bunten Blumenstrauß der DSAM-Bonus-Veranstaltungen war der Vortrag von Stefan Haas, der die Bücher "Das Schachturnier zu Baden-Baden 1870" und "Der XIX. Kongress des Deutschen Schachbundes zu Mannheim 1914" schrieb und über seine Arbeit und diese ganz entscheidende Zeit des deutschen Schachs referierte. Das Besondere an diesen beiden Werken um die zwei, vom beginnenden Krieg unterbrochenen Turniere ist es, dass hier auf einzigartige Weise Weltgeschichte, die Historie des DSB und das konkrete schachliche Geschehen auf und neben dem Brett fachkundig verknüpft werden.
Neu war die Deutsche Damen Schach-Amateurmeisterschaft. 27 Spielerinnen von 282 Teilnehmern insgesamt, das sind 9,6%, folgten der Einladung zum Turnier, was ganz sicher auch der Zusammenarbeit des Pressebeauftragten mit den zuständigen Landes-Referenten zu danken war: Das machen wir öfter so! "Natürlich waren diesmal schon deutlich mehr Damen als sonst am Start, aber in der A-Gruppe hat noch gar keine mitgespielt und in der B-Gruppe nur eine, es gibt also noch Chancen für weitere positive Entwicklungen", sagte Turnierdirektor Dr. Dirk Jordan. "In einer Gruppe haben wir ja unter den ersten sechs schon drei Frauen."
Es werden die Vereine sein, die dringend und durchgreifend ihr Angebot verändern müssen, um den verheerend geringen Anteil der Damen und zunehmend auch der Jugendlichen positiv zu verändern. Die DSAM als Teil der deutschen Schachbewegung bemüht sich, hier ein Zeichen zu setzen, in der Hoffnung, dass Schach keine "Männersportart" bleiben muss. Packen wir's an!
Ralf Mulde
// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 19036