13. Oktober 2020
Heute wird ein prominenter Fernschachspieler und Schachfunktionär 60 Jahre alt: Dr. Matthias Kribben. Der Deutsche Schachbund gratuliert ihm dazu recht herzlich.
Im Jahr 2007 spielte sich der Berliner mit einer internationalen Wertungszahl von über 2600 endgültig in die Weltspitze des Fernschachs. Zuvor war er bereits seit 2004 Mannschaftskapitän der deutschen Fernschachnationalmannschaft. Bei den 2008, 2016 und 2019 beendeten Fernschacholympiaden gewann er mit Deutschland die Goldmedaille, wobei er an seinem Brett ungeschlagen blieb. Bei der 2012 beendeten Fernschacholympiade spielte er nicht selbst mit, war aber Kapitän der erneut Gold gewinnenden Deutschen.
Kribbens Fernschachkarriere begann 1978-81 gleich sehr erfolgreich. Der damalige BWL-Student aus Kelkheim im Taunus wurde BRD-Jugendfernschachmeister. Einige Monate später zierte sein Foto die Titelseite der Zeitschrift "Schach-Echo".
Nachdem Kribben sein Studium 1986 an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt/Main mit Abschluss als Diplomkaufmann beendet hatte, zog er 1987 nach Westberlin, wo er Controlling-Leiter bei einem großen Wirtschaftsunternehmen war. Seine schachliche Heimat fand er damals beim SC Zitadelle Spandau, dessen Vorsitzender er später für fast 25 Jahre war. 1991 promovierte er und machte sich als unabhängiger Finanzberater am Kurfürstendamm in Berlin selbständig. Nebenberuflich war er an verschiedenen Berliner Fachhochschulen als Dozent für Betriebswirtschafts- und Versicherungslehre tätig.
In den nächsten Jahren war neben den beruflichen und privaten Verpflichtungen wieder mehr Zeit für Fernschach. Durch den Siegeszug der Computer im privaten Umfeld konnte Kribben nun seine ausführlichen Partieanalysen mit elektronischen Schachprogrammen auf Herz und Nieren überprüfen, um grobe Fehler zu vermeiden. Sein geradezu perfekter Umgang mit der Software und seine Akribie bei der Auswahl der richtigen Züge und Varianten ließen ihn schnell in der Fernschachweltrangliste nach oben steigen. 1996 war er mit einer internationalen Fernschachwertungszahl von 2454 auf Platz 530 der Weltrangliste.
Im Hermann-Heemsoth-Memorial von 2008 bis 2010 war Kribben neben 16 Großmeistern der einzige Spieler mit dem Titel "Verdienter Internationaler Fernschachmeister" (SIM). Er erreichte einen sehr guten vierten Platz und war der beste deutsche Teilnehmer. Die damit (vorzeitig) erspielte Großmeisternorm brachte ihm zugleich die Verleihung dieses Titels 2009 ein. Das nächste Memorial, an dem er von 2017 bis 2020 zu Ehren des verstorbenen ehemaligen Weltranglistenersten Joop van Oosterom teilnahm, endete kurios: Alle 8 Großmeister, die das Turnier regulär beendeten, spielten unentschieden gegeneinander! Alle Teilnehmer wurden von der ICCF am Ende auf Platz 1 gesetzt.
Das erste Mal im Finale einer Einzelweltmeisterschaft stand Kribben von 2011 bis 2014 in der 27. Fernschach-Weltmeisterschaft. Mit der Silbermedaille endete dieses Turnier für ihn sehr erfolgreich. Nur Alexander Dronow (Russland) war noch einen halben Punkt besser. Für Dronow, der einst vom deutschen Fernschach-Weltmeister Fritz Baumbach zum Fernschach inspiriert wurde, war es der zweite WM-Titel und der dritte sollte bei der 29. Weltmeisterschaft folgen!
Die zweite Teilnahme in einem WM-Finale hatte Kribben von 2017 bis 2019 bei der 30. Fernschach-Weltmeisterschaft. Mit 16 Unentschieden in 16 Partien reichte es zwar nur zum 9. Platz, aber er bestätigte seine Zugehörigkeit zur Weltklasse. Und der Silbermedaillengewinner hatte am Ende auch nur ein halbes Pünktchen mehr. So hart ist Fernschach!
Mit Erfolg nahm Matthias Kribben auch an den Schach960-Meisterschaften des Deutschen Fernschachbundes (BdF) teil. Diese beliebte Schachvariante, bei der die Figurenpositionen auf der Grundreihe zufällig sind, machte Kribben während seiner Präsidentschaft im Berliner Schachverband von 2004 bis 2010 in der Hauptstadt populär.
Bei der 1. Schach960-Meisterschaft 2009/10 gewann zwar ein Kribben, aber es war sein beim SV Hofheim aktiver Bruder Johannes, der sich seit der Jahrtausendwende wieder dem Fernschach widmete. Kribben selbst wurde Vierter. Bei der zweiten Meisterschaft im gleichen Zeitraum belegten die Brüder die ersten beiden Plätze - diesmal Matthias vor Johannes. Das Bäumchen-Wechselspiel ging in den nächsten Jahren nicht weiter. Johannes machte Fernschach960 zu seiner Domäne und Matthias blieb maximal Platz zwei:
Wir wären echt mal gespannt, ob der fünf Jahre jüngere Johannes im klassischen Fernschach seinen Bruder auch so oft hinter sich lassen würde.
Pl. | Titel | Name | Land | Rating |
---|---|---|---|---|
1. | GM | Roman Chytilek | 2685 | |
2. | GM | Alexander Surenowitsch Dronow | 2671 | |
3. | GM | Ron A. H. Langeveld | 2657 | |
4. | GM | Matthias Kribben | 2647 | |
5. | GM | David A. van der Hoeven | 2643 | |
6. | GM | Eros Riccio | 2640 | |
7. | GM | Florin Serban | 2633 | |
8. | GM | Auvo Kujala | 2633 | |
9. | GM | Arno Nickel | 2625 | |
10. | GM | Wladimir Wiktorowitsch Perewertkin | 2615 | |
... | ||||
16. | GM | Martin Kreuzer | 2606 | |
24. | GM | Helmut Geist | 2592 | |
27. | GM | Annemarie Burghoff | 2585 | |
30. | GM | Wolfgang Brodda | 2581 | |
31. | GM | Hans-Dieter Wunderlich | 2581 | |
34. | GM | Horst Broß | 2579 | |
35. | GM | Stephan Busemann | 2578 | |
42. | GM | Thomas Mahling | 2574 | |
45. | GM | Gerhard Müller (Osnabrück) | 2571 | |
47. | GM | René-Reiner Starke | 2570 | |
50. | GM | Robert Bauer | 2568 | |
60. | SIM | Steffen Bock | 2562 | |
62. | SIM | Adrian Schilcher | 2560 | |
71. | GM | Robert K. Frhr. von Weizsäcker | 2553 | |
78. | GM | Reinhard Moll | 2545 | |
83. | GM | Detlef Buse | 2543 | |
84. | GM | Georg Windhausen | 2542 | |
87. | GM | Jürgen Stephan | 2540 | |
91. | SIM | Sebastian Gähler | 2540 | |
92. | GM | Klaus Kögler | 2539 | |
99. | SIM | Heiko Neß | 2536 |
mit allen deutschen Spielern in der Top-100
Mit Volker-Michael Anton (Magdeburg, *1951), Martin Kreuzer (Kelheim, *1962), Hans-Marcus Elwert (Hamburg, *1962), Joachim Neumann (Neumünster, *1943), Peter Hertel (Wanderup, *1958) und Matthias Kribben gibt es in den Fernschach-Weltranglisten nur sechs Spieler, die zum jeweiligen Zeitpunkt die besten Deutschen in den Ranglisten waren. Die Recherche danach beim Weltfernschachverband ICCF war allerdings nicht ohne Fallstricke. Die Listen unterscheiden sich von den Karteikarten der Spieler: In den Karteikarten stehen Wertungszahlen einer Liste, die selbst in der Liste nicht wiederzufinden sind. Im Zweifel hatte für uns die offizielle Wertungsliste Vorrang.
Unser Jubilar Matthias Kribben ist seit mittlerweile 29 Wertungsperioden die Nummer eins in Deutschland, nämlich genau seit dem 1. Oktober 2013! Mehr als sieben Jahre schaffte das bisher nur Hans-Marcus Elwert. Er war vom 1. Oktober 2001 bis zum 31. Dezember 2010 ununterbrochen die Nummer eins und sogar mehrfach Spitzenreiter der Weltrangliste!
Nachfolgend haben wir für Sie die jeweils bestplazierten Deutschen der Weltrangliste in einem Diagramm visualisiert.
Kribben war bis 2019 1. Vorsitzender des Schachclubs Zitadelle Spandau, bei dem er seit 1988 Mitglied ist. Von 2004 bis 2010 war er Präsident des Berliner Schachverbandes und ist seit 2016 Ehrenpräsident.
Im Deutschen Schachbund wurde er am 19. Mai 2007 beim Bundeskongress in Bad Wiessee zu einem der drei Vizepräsidenten gewählt und wurde auch Stellvertreter des Präsidenten. Damit war unser Führungsduo durch zwei Fernschachspieler der Weltklasse besetzt, denn Fernschach-Olympiasieger und Kribbens Mannschaftskollege Prof. Dr. Robert von Weizsäcker wurde bei diesem Kongress zum Präsidenten gewählt. Während von Weizsäcker noch bis 2011 im Amt blieb, beendete Kribben seine Laufbahn auf Bundesebene 2009.
Wir wünschen Matthias Kribben noch viele Erfolge im Fernschach, viel Gesundheit und ein glückliches privates und berufliches Leben!
// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 10514