15. April 2014
Viele Turniere haben zum Ziel, an (Schach-)Persönlichkeiten der Vergangenheit zu erinnern. Memorials oder Gedenkturniere begegnen uns immer wieder. Ich schätze diese Art einem Turnier einen tieferen Sinn zu geben sehr. Ich habe mich dieser Methode der Verbindung von vergangenem und Gegenwart als Turnierorganisator selbst bedient und in Bremen das Carl Carls Memorial ins Leben gerufen. In Berlin gab es 2011 ein Kurt Richter Gedenkturnier. Es gibt weitere Beispiele, wo man auf regionaler Ebene versucht hat, an Teile der eigenen Vergangenheit zu erinnern.
Auch auf der großen Bühne funktioniert und begeistert dieser Gedanke. In Moskau gibt es alljährlich das Tal Memorial. Es ist jedes Mal ein absolutes Top-Event, das mich immer in seinen Bann zieht. Ich verfolge auch andere Top-Turniere und noch viele weitere. Aber Memorials sind für mich etwas Besonderes.
Es gibt tolle weitere Beispiele. Das Aljechin Memorial 2013 ist so eines. Hier wurde viel Wert auf die Auswahl der Location gelegt. Es gibt Capablanca Memorials, Botvinnik oder Bronstein. Es fehlt ein Lasker Memorial – aber mal sehen, was die Zukunft so bringt.
Szenenwechsel: Es ist der 17.03.2012. Der damalige Vorsitzende der Bremer Schachgesellschaft von 1877 geht ins Weserstadion. Aber nicht um Fußball zu schauen - die Begegnung Werder Bremen gegen Baden-Baden war die Spitzenpaarung des Wochenendes in der 1. Schachbundesliga und wurde – aus Bremer Sicht – im heimischen Weserstadion ausgetragen. Es stand die Frage im Raum, ob wohl Vishy Anand kurz vor seinem WM-Match gegen Gelfand eingesetzt werden würde. Und tatsächlich kam er durch die Tür und nahm am 1. Brett Platz. Man rechnete damit, dass Werder in Bestbesetzung antritt was bedeutet hätte, dass an Brett 1 Vugar Gashimov spielt.
Aber Vugar Gashimov spielte an jenem Tag nicht für Werder Bremen. Er spielte überhaupt nicht mehr. Stattdessen nahm er den Kampf um sein Leben auf, den er am 10.01.2014 mit nur 27 Jahren verlor.
In wenigen Tagen ist es so weit. In Shamkir, Aserbaidschan findet ein Turnier zu Ehren von Vugar Gashimov statt. Organisator ist der aserische Schachverband. Teilnehmen werden Magnus Carlsen, Fabiano Caruana, Hikaru Nakamura, Sergej Karjakin sowie Shakhriyar Mamedyarov und Teimour Radjabov.
Die Freundin von Vugar Gashimov schreibt bei ChessBase bewegende Worte, die einen faszinierenden Menschen beschreiben.
So sehr ich auch Memorials mag – ich wünsche mir von ganzem Herzen, dass diese und etwaige zukünftige die einzigen Memorials bleiben, die für einen mit 27 Jahren verstorbenen Menschen stattfinden. Rest in peace, Vugar. Das Leben ist nicht immer fair!
Michael Woltmann
// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 9694