22. November 2013
Als im Sommer 2012 das erste Freundschaftsspiel zwischen den Partnerstädten Köln und Istanbul ausgetragen wurde, mussten die Auswahlmannschaften noch online gegeneinander antreten. Das Match endete mit einer knappen Niederlage gegen die Schachfreunde aus Istanbul.
Die Kölner forderten Revanche und sollten sie bekommen. Güven Manay, Vorsitzender des Kölner Schachvereines Satranc Club 2000 e.V., konnte mit Hilfe weiterer engagierter Schachenthusiasten auf deutscher sowie auf türkischer Seite, ein zweites Turnier auf die Beine stellen. Diesmal sogar "live und in Farbe". Als Spielort wurde ein Museumraum im Istanbuler Stadtbezirk Bakirköy gefunden - an 10 Brettern konnten sich am 16. November 2013 deutsche und türkische Spieler sowie Spielerinnen gegenüber sitzen.
Die erste Runde wurde mit 6,5:2,5 klar von den Istanbulern bestritten. In der zweiten Runde machten es die Kölner den Istanbulern zwar nicht ganz so leicht, mussten sich aber doch letztendlich mit 5,5:3,5 geschlagen geben. Dennoch hat es allen Teilnehmern viel Spaß gemacht und jeder! durfte eine Goldmedaille mit eingeprägten Logos der beiden Schachföderationen mit nach Hause nehmen - war ja schließlich ein Freundschaftsspiel!
Louisa Nitsche
Vor ca. 15 Monaten, am 12. August 2012 wurde schon vermutlich ein ganz kleines Stück Schachgeschichte geschrieben: Es spielten zwei Städteauswahlen der Partnerstädte Köln und Istanbul online gegeneinander, in einer Form dass die jeweiligen Mannschaften in einem Raum ihrer jeweiligen Stadt saßen, und nicht etwa, wie bei Onlineschachturnieren üblich, etwas anonym zuhause.
Das war damals eine tolle Veranstaltung [Red.: Siehe auch der Link im Einleitungstext]. So mancher meinte, man hätte sich eigentlich auch ganz gerne von Angesicht zu Angesicht gegenüber gestanden. Das Einzige, was so einem Vorhaben hätte entgegenstehen können, sind die beiden meistgenannten Mangelressourcen der heutigen Tage: Zeit und Geld.
Nachdem Walter Kluth (Vorsitzender des Vereines zur Förderung der Städtepartnerschaft Köln - Istanbul e.V. und ehemaliger langjähriger Kölner Stadtrat) und Güven Manay (Vorsitzender des interkulturellen Kölner Schachvereines Satranç Club 2000 e. V. und gemeinsam mit seiner Frau ebenfalls Mitglied des Städtepartnerschaftsvereines) einen Teil der erforderlichen Mittel aus dem erstmalig für Sportveranstaltungen bei Städtepartnerschaften vorgesehenen Budget über das Sportamt der Stadt Köln erfolgreich beantragen konnten; und nachdem der für dieses Projekt von der türkischen Schach-Verbandspräsidentin Gülkiz Tülay beauftragte Sait Riza Öney (Präsident der Istanbuler Repräsentanz des Türkischen Schachverbandes) die Unterstützung des auch sonst schachbegeisterten Istanbuler Stadtteiles Bakirköy für das Spiellokal erhielten, konnte die Planung losgehen. Wie in manch anderen Fällen, wenn Mittel bewilligt werden, muss die Organisation dann in Windeseile erfolgen. Binnen eines Tages musste auf Kölner Seite eine Mannschaft zusammengetrommelt werden, damit die Buchungen noch fristgerecht erfolgen können. Dem hierzu beauftragten Satranç Club gelang dies, mit einer Mischung eigener Vereinsfunktionäre- und Spieler, sowie einer spontan angefragten Auswahl vereinzelter befreundeter Titelträger anderer Vereine. Der Städtepartnerschaftsverein ließ dann umgehend die Reisen buchen. Die Istanbuler Schachfreunde wurden dann gebeten, Spieler mit vergleichbaren Wertungszahlen zu organisieren, um ein Match auf Augenhöhe zu ermöglichen.
Schon zwei Wochen vorher warf das Ereignis seine (im Vergleich zu einer Schach-WM und Europameisterschaft natürlich deutlich kleinere) Schatten voraus: Güven Manay besuchte den Istanbuler Schachverein ISD, in dessen Vereinsheim im letzten Jahr der Istanbuler Teil des Onlineturnieres stattfand und nahm dort zu seiner Überraschung eine Dankesplakette für seine Bemühungen für das Schach entgegen.
Nachdem am Vorabend ein gemeinsames Abendessen der Turnierbeteiligten in der Nähe der berühmten Blauen Moschee stattfand, ging es am nächsten Morgen, den 16. November 2013 zum Turnier: Das Spiellokal ist das an einem Yachthafen bei sehr schöner Lage in Yesilköy befindliche Haus für Kunst.
Unter Anwesenheit des Kultur- und Pressereferenten des Deutschen Konsulates in Istanbul, Harald Schindler, dem Stadtratsmitglied von Bakirköy Ugur Özhabes, und den Turnierorganisatoren Riza Öney und Güven Manay, wurden zahlreiche Dankesplaketten von allen in alle Richtungen verteilt. Hierunter waren auch Grußschreiben von dem Präsidenten des Deutschen Schachbundes Herbert Bastian an alle Beteiligten, des Kölner Schachverbandes von 1920 e. V. (geschrieben von dessen Vorsitzenden Andreas Gerdau) und des Köln Generalkonsules der Türkei, Hüseyin Emre Engin an die Generalkonsulin der Bundesrepublik Deutschland in Istanbul, Jutta Wolke. Als Hauptschiedrichterin bei diesem elo-ausgewerteten Turnier fungierte die FIDE zertifizierte Cigdem Aktuz, die auch schon die Ehre hatte, die Schachschiedsrichter bei der letztjährigen Schacholympiade während der Vereidigungszeremonie repräsentieren zu dürfen.
Man könnte viele Geschichten über die einzelnen Teilnehmer erzählen, die allesamt einzigartig sind. Zum Beispiel Fernando Braga, dem drei GM-Normen vorliegen und der noch auf die offizielle Bestätigung seines Titels wartet. Er war mal Schulschachbeauftragter von Madrid, bis dieses Ressort aufgrund der spanischen Wirtschaftskrise gestrichen werden musste, und zog anschließend nach Köln. Herr Braga war bereits mitsamt seiner Familie bei der Jahreshauptversammlung und einem Grillfest des Satranç Club, und erhielt dort große Sympathiewerte.
Grußwort von Herbert Bastian (englisch)
Oder die mehrfache Olympiade-Teilnehmerin Eneida Perez de Lücke, die in der Dominikanischen Republik ein Schachdorf gründete und Künstlerin ist. Eneida stellte dem Satranç Club für einen symbolischen Wert drei Ihrer schachbezogenen Kunstwerke zur Verfügung, welche dieser vor Ort von dem Türkischen Schachverband, vertreten durch Sait Riza Öney, dankend entgegengenommen wurden.
Oder die ehemalige türkische Nationalspielerin Isil Goler, die vor Jahren als Austauschstudentin mal in Deutschland lebte, dort Mitglied des Satranç Club war und nun in der Türkei lebt. Sie reiste eigens aus Ankara zu diesem Event an, um die Schachfreunde aus Köln, denen sie sich weiterhin verbunden fühlt, zu vertreten.
Auf der Istanbuler Seite sind die Teilnehmer natürlich nicht minder interessant: Zum Beispiel der frühere türkische Meister Umut Atakisi, der bereits 2001 (!) den Satranç Club bei seinem ersten Event, einem Freundschaftsspiel zwischen einer Jugendauswahl des Deutschen und Türkischen Schachbundes und dessen ersten interkulturellen Turnier, in Köln besuchte.
Oder der überaus talentierte 8-jährige Isik Can, der in seiner noch kurzen schachlichen Laufbahn bereits die U-7 Schulschachweltmeisterschaft gewann und zusammen mit seinem ebenfalls erfolgreichen Bruder Melih Kaan am Freundschaftsspiel teilnahm. Isik Can wird eine große schachliche Laufbahn prognostiziert.
Oder der erfahrene FIDE-Meister und Internist Ates Ülker, der bereits 1985 türkischer Meister war und wenige Wochen vor dem Turnier ebenfalls schon mal das Vereinsheim des Satranç Club besuchte.
Nach symbolischen Eröffnungszügen von Herrn Özhabes und Herrn Schindler konnte es dann losgehen:
Die erste Runde ging klar mit 6,5:2,5 an die Istanbuler. Interessant war, dass vereinzelte Partien erstaunlich hart umkämpft waren. Die zweite, abendliche Runde verlief durchaus ausgeglichener, und ging erst nach einer Zeitüberschreitung bei Gewinnstellung mit 5,5:3,5 zugunsten der Istanbuler aus.
1 | Istanbul | Elo | 6½:2½ | Köln | Elo |
---|---|---|---|---|---|
1 | IM Yakup Erturan | 2375 | 1:0 | IM Fernando Braga | 2418 |
2 | IM Umut Atakisi | 2356 | ½:½ | IM Georg Seul | 2412 |
3 | FM Selim Citak | 2332 | 1:0 | IM Norbert Lücke | 2360 |
4 | Arno Garabetyan | 2079 | ½:½ | Martin Schmidt | |
5 | WFM Asli Bayrak | 2050 | 1:0 | WFM Eneida Perez de Lücke | 2040 |
6 | Deniz Firat | 1706 | 0:1 | Isil Goler | 1828 |
7 | Melih Kaan Can | 2031 | 1:0 | Marc Krah | |
8 | Isik Can | 1751 | 1:0 | Dirk Langen | |
9 | Sait Riza Oney | 1897 | ½:½ | Güven Manay |
2 | Köln | Elo | 3½:5½ | Istanbul | Elo |
---|---|---|---|---|---|
1 | IM Fernando Braga | 2418 | ½:½ | IM Yakup Erturan | 2375 |
2 | IM Georg Seul | 2412 | ½:½ | IM Umut Atakisi | 2356 |
3 | IM Norbert Lücke | 2360 | ½:½ | FM Hakan Erdogan | 2212 |
4 | Martin Schmidt | 0:1 | FM Ates Ulker | 2082 | |
5 | WFM Eneida Perez de Lücke | 2040 | 0:1 | WFM Asli Bayrak | 2050 |
6 | Isil Goler | 1828 | 0:1 | Deniz Firat | 1706 |
7 | Marc Krah | 1:0 | Melih Kaan Can | 2031 | |
8 | Dirk Langen | 0:1 | Isik Can | 1751 | |
9 | Güven Manay | 1:0 | Sait Riza Oney | 1897 |
Da es sich um ein Freundschaftsspiel handelte, gab es auch für alle Teilnehmer Goldmedaillen vom Türkischen Schachverband mit den Logos beider Landesverbände, sowie (ebenfalls für alle Sportler) als Geschenk ein von der Stadt Bakirköy verteiltes türkisches Mokkaservice, um an das folgende türkische Sprichwort „Bir fincan kahvenin kirk yil hatiri var“ zu erinnern (Was sinngemäß soviel bedeutet wie: „Eine gemeinsame Tasse Kaffee verbindet für 40 Jahre“. )
Anzumerken wäre noch, dass einer der Spieler buchstäblich in letzter Minute zum Spiellokal gelangen konnte, indem er den gerade zwei Wochen vor Turnierbeginn errichteten, erdbebensicheren und weltweit ersten Transkontinental-Bahntunnel ‚Marmaray‘ zwischen dem europäischen und dem asiatischen Teil der Multimillionen-Stadt nutzte. Fleißige Helfer im Hintergrund (zum Beispiel Mehmet Öney auf Istanbuler Seite und Edgar Hennig auf Kölner Seite) sorgten während der Partien unter anderem dafür, dass der Link zur Liveübertragung in Deutschland und in der Türkei zur Verfügung gestellt wird. Da viele Menschen während der Schach-WM ohnehin online waren, schaute natürlich so manch Interessierter auch hier mit rein.
Bei einer Bosporus-Rundfahrt der Kölner Teilnehmer am Folgetag haben sich die Kölner Teilnehmer, von denen die meisten zum ersten Mal in Istanbul waren, anschließend auch ein Bild von der schönen Stadt machen können.
Als nächstes wünscht man sich, eines Tages (vielleicht schon im Jahre 2014) eine Folgeveranstaltung in Köln durchzuführen. Dass die Schachfreunde aus Köln dann gerne ihr erstes Heimspiel dieser kleinen Turnierserie gewinnen möchten, steht außer Frage.
Und auch das in Kürze geplante Event des Satranç Club hat an einer Stelle Bezug zu Istanbul: Am 8. Dezember findet das 7. Interkulturelle Schnellschachturnier in Köln statt. 50 % der Startgelder hieraus sollen dann mittels des Städtepartnerschaftsvereines an den Istanbuler Verein‚ Umut Çocukları (Hoffnung für Kinder), gehen.
Güven Manay
// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 9271