16. Januar 2012
Ich kann mich noch gut an den dramatischen Abstiegskampf in der vergangenen Saison erinnern. Es war der 30. April 2011, als in einem Stichkampf zwischen den Schachfreunden Berlin und dem SV Griesheim die Hauptstädter mit 4,5:3,5 das bessere Ende für sich hatten und im Oberhaus verblieben. Wer nun gedacht hätte, dass der hessische "Polen"-Express auseinanderfallen würde, der irrte. Lediglich Krzysztof Jakubowski, der an Brett 4 allerdings nur fünfmal zum Einsatz kam, schied aus, und wird nun vom Ungarn Imre Hera mehr als ersetzt.
Es herrscht also aller Grund zur Freude bei den Griesheimern, die 2. Liga nach einem einjährigen Gastspiel wieder zu verlassen. Jedenfalls hat man nach dem 5:3-Auswärtsieg am fünften Spieltag beim SC Böblingen als einziger der 40 Zweitliga-Vereine mit 10:0-Mannschaftspunkten eine "weiße Weste". Und auch die 30,5 Brettzähler sind absolute Spitze. Alle fünf Partien gewann dabei Marcin Tazbir (Foto) - das macht ihm auch keiner in Liga 2 nach.
Während in der Süd-Staffel also (fast) alles klar zu sein scheint - Verfolger SC Schwegenheim hat bereits vier Punkte Rückstand auf Griesheim - ist in den übrigen drei Ligen noch so gut wie alles offen. Das gilt sowohl für den den Aufstiegsplatz als auch die jeweils drei Absteiger.
In der West-Staffel klopft beispielsweise mit dem Wiesbadener SV ein Neuling an das Tor zur Bundesliga, der die Gunst der Stunde ausgerechnet in Porz mit einem 4,5:3,5-Erfolg nutzte. Im Spitzenspiel war allerdings das Hilgert-Team stark ersatzgeschwächt, weil vier Stammspieler - Loek van Wely, Jan Timman, Ilja Nyzhnyk und Dimitri Reinderman - zur gleichen Zeit am traditionellen Superturnier in Wijk aan Zee teilnehmen. Pech gehabt, würde man sagen, denn nun war sicherlich das Duell am Spitzenbrett mit ausschlaggebend, das Christopher Lutz (Elo 2571) gegen den fast 100 Elo-Punkte stärkeren Jewgeni Aleksejew verlor. Einen weiteren vollen Punkt für die Wiesbadener holte der amtierende Deutsche Meister Igor Khenkin an Brett 3 gegen Erik van den Doel. Erstmals zum Einsatz kam beim Godesberger SK übrigens Dr. Robert Hübner, der an Brett 1 mit seinem Sieg gegen die mehrfache US-Frauen-Landesmeisterin Anna Satonskich zum wichtigen 5:3 gegen den Bochumer SV 02 beitrug. Nun ist nämlich der Anschluss an das Mittelfeld - es reicht von Platz 5 bis 8 bei jeweils 4:6 Mannschaftspunkten geschafft.
In der Nord-Staffel lautete die Frage: Würde der SK Norderstedt ohne sein Duo M&M (Marta und Christian Michna) bei Tabellen-Schlusslicht TSG Oberschöneweide ins Stolpern kommen? Nun, zumindest was das Resultat von 5,5:2,5 in Berlin angeht, stehen die Ampeln weiterhin auf Aufstieg, denn der SC Neukloster verlor beim 4:4 gegen den USV Halle einen wichtigen Punkt. Anzumerken ist, dass bei den Saalestädtern die gemeldeten Aktiven der Bretter 1 bis 6 fehlten (!). So mussten es die Schachveteranen Dr. Burkhard Malich - der 70-Jährige gewann seine Partie gegen Hannes Knuth - sowie Heinz Liebert und Detlev Neukirch (jeweils remis) richten.
In der Ost-Staffel nichts Neues, will sagen: Es geht drunter und drüber. Wer hätte schon gedacht, dass Nickelhütte Aue mit 3:7 Zählern und damit nur auf Rang 8 mitten im Abstiegskampf steht? Nach dem 4,5:3,5 zuhause gegen die Erzgebirgler hat der SK König Plauen - auch hier zählen mit den Brüdern Lutz und Thomas Espig zwei "Schach-Senioren" zum Stammaufgebot - erst einmal drei Punkte Luft zu den drei Abstiegsplätzen. Dort finden wir zwar auch noch Neuling SC Garching - wie Aue mit 3:7-Punkten notiert -, aber nach dem 5:3 an Spieltag 4 in Leipzig folgte nun ein 4:4 gegen Spitzenreiter Bindlach-Aktionär, das hoffen lässt, die Klasse zu halten. Höheres strebt hingegen wohl der zweitplatzierte Erfurter SK an - jedenfalls signalisiert das der 4,5:3,5-Auswärtssieg beim FC Bayern München. Dass Peter Enders an Brett 2 nach vier gewonnenen Partien diesmal nur zu einem Unentschieden gegen Andreas Schenk kam, dürfte dem Thüringer egal gewesen sein. Was zählt, ist in erster Linie der Mannschaftserfolg. Der gibt sicherlich den Erfurtern, bei denen auch Bundesnachwuchstrainer Bernd Vökler zu den Stützen zählt (remis diesmal gegen seinen ehemaligen Schützling Julian Jorczik), das nötige Selbstbewusstsein. Und das ist auch nötig, steht doch am achten Spieltag (18. März) das fraglos wichtigste Heimspiel der Saison gegen den TSV Bindlach-Aktionär an....
// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 213