12. Oktober 2016
In Syrien starben seit Beginn des Bürgerkrieges vor fünf Jahren rund 400.000 Menschen. Von den etwa 21 Millionen Einwohnern des Landes sind über 11 Millionen(!) auf der Flucht. 4,8 Millionen sind in das Ausland geflüchtet. Die meisten aber sind auf der Flucht im eigenen Land vor den verschiedenen bewaffneten Kriegsparteien, von denen der sogenannte Islamische Staat der bekannteste ist. Die Vereinten Nationen bezeichneten die Flüchtlingskrise im Februar 2014 als die schlimmste seit dem Völkermord in Ruanda, bei dem 1994 in nur drei Monaten bis zu eine Million Menschen getötet wurden.
Die meisten der 4,8 Millionen Syrer sind in die unmittelbaren Nachbarländer geflohen, wie der Türkei oder Jordanien. Aber viele gehen auch noch weitere Wege. So haben mittlerweile 270.000 Syrer einen Asylantrag in europäischen Ländern gestellt. Dazu kommen noch die Flüchtlinge aus anderen Krisenregionen der Welt. In Deutschland stellten im letzten Jahr über eine Million Menschen einen Asylantrag. (Siehe auch Wikipedia)
Für fast alle Asylsuchenden ist Deutschland ein fremdes Land mit einer völlig anderen Kultur und einer unbekannten Sprache. Viele Deutsche unterstützen die Neuankömmlinge ehrenamtlich bei der Eingewöhnung. So auch ein kleiner noch junger Schachverein (2002 gegründet) in der Nähe von Gießen.
Mirko Humme, 1. Vorsitzender des Schachklubs Königsjäger Hungen: "Der Schachklub Königsjäger Hungen engagiert sich seit nunmehr knapp einem Jahr in der Integration von Flüchtlingen. Vier sind mittlerweile dem Verein beigetreten. Alle Menschen und auch ihre Angehörigen sind eine Bereicherung für unser Vereinsleben und sind voll integriert."
In Hungen entstanden die ersten Kontakte zwischen Schachverein und Syrern im Flüchtlingscafé. Einer der schachinteressierten Syrer ist Adam. In seinem Heimatland waren Bruder und Vater seine Spielpartner. Im Hungener Schachverein macht er mittlerweile den etablierten Spielern Konkurrenz.
In Syrien hat Adam Philosophie studiert. In Deutschland macht er ein Praktikum in einem Kindergarten, will danach ein Studium als Grundschullehrer beginnen. Er lebt in einer 3er Flüchtlings-WG, wo ihn Mirko Humme regelmäßig besucht. Vater und Mutter sind nach Ägypten geflüchtet, sein Bruder in die Türkei und die Schwester nach Saudi-Arabien. Die Trennung tut weh, aber was soll er machen. In Syrien ist kein normales Leben für die Familie mehr möglich.
Am 16. September war ein Team vom Fernsehen in Hungen. Das ZDF drehte einen Beitrag für seine Sendung "Drehscheibe", in dem Adam begleitet und auch andere Schachspieler befragt wurden. Aufmerksam auf den Verein gemacht wurde das ZDF durch den Geschäftsführer der DSJ, Jörg Schulz. Der DSB und die DSJ hatten zuvor über die Aktion "Flüchtlinge werden Freunde" den Verein mit einer Spende von 10 Schachsätzen unterstützt. Dafür war nicht nur der Verein sehr dankbar.
Mirko Humme: "Ich möchte mich auch im Namen unseres Vereins beim Deutschen Schachbund für die Vermittlung sowie die Spende bedanken. Hoffentlich findet eine gelungene Integration von Flüchtlingen auch in anderen Schachvereinen statt. Es wäre wünschenswert!"
Integration mit Schach bei ChessBase
Syrer beleben deutsche Schachvereine bei der DSJ
Gemeinsame Aktion von DSJ und DSB "Flüchtlinge werden Freunde"
Königsjäger Hungen | Filmbeitrag vom 7. Oktober in der ZDF-Mediathek
Frank Hoppe
// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 21403