18. November 2005
Heute ist Freitag - und es gibt ausnahmsweise schon heute - "IMPULSE"
-Morgen ist wegen vorübergehender technischer Schwierigkeiten kein Einstellen von Nachrichten möglich-
Von Jörg Sommer - Heute:
H.O.R.S.T. hilft!
Eröffnungen professionell trainieren.
Die Bedeutung eines wasserdichten Eröffnungsrepertoires für Amateure, Kinder und Jugendlichen ist unter Fachleuten umstritten. Es gibt Trainer, die bereits Neunjährige ellenlange Theorie-Linien auswendig lernen lassen und es gibt andere, durchaus ernst zu nehmende Stimmen, die bis zu einer DWZ von 1800 jegliche Eröffnungstheorie für völlig überflüssig halten.
Diese oft leidenschaftlich geführte Diskussion wollen wir an dieser Stelle nicht wiederkäuen. Zweck unserer Kolumne ist es, dem Jugend- und Vereinstrainer das technische Rüstzeug vorzustellen, das ihm seine Arbeit erleichtert bzw. sie professioneller werden lässt.
Ein solches Werkzeug ist H.O.R.S.T.
Entwickelt vom Regensburger Vereinsschachspieler Stephan Schmal (DWZ 2114), selbst aktiver Spieler in der bayerischen Landesliga, soll H.O.R.S.T. dabei helfen, das eigene Repertoire zu entwickeln, zu dokumentieren und zu memorieren. Und obgleich das Programm bislang nur in einer vorläufigen Version erhältlich ist, erfüllt es die vom Autoren selbst formulierten Ziele in herausragender Weise.
H.O.R.S.T. ist übrigens eine Abkürzung des durchaus süffisanten Langnamens: "Heuristic Opening Repertoire Specialist & Trainer". Doch so umständlich, wie H.O.R.S.T. zu seinem Namen kann, ist das Programm beileibe nicht.
Schon die Startansicht ist klar und clever strukturiert: Oben das Hauptmenü mit der Werkzeugleiste, unten die Statuszeile und in der Mitte der Arbeitsbereich. Der Arbeitsbereich ist selbst wiederum in drei Bereiche geteilt. Links der Eröffnungsbaum, in der Mitte das Brett samt Kommentarfeld und rechts das Partieformular samt Trainingsergebnissen.
Einfach und intuitiv können hier die verschiedenen Varianten erfasst, verändert und kommentiert werden. Da H.O.R.S.T. problemlos Partien im PGN-Format importiert spart man sich eine Menge Arbeit und aknn z.B. aus seinem Chessbase-Repertoire in wenigen Minuten eine Trainingssuite zusammenstellen.
Besonders clever: Die Darstellung als Variantenbaum:
Bei einem Klick auf einen beliebigen Zug, wird die entsprechende Stellung im Brettfenster angezeigt - da macht das Surfen in der Theorie richtig Spaß. Der Variantenbaum kann auch ausgedruckt oder als PDF-Datei expertiert werden.
Im Zentrum von H.O.R.S.T. steht jedoch das Trainingsmodul. Und das hat es in sich:
H.O.R.S.T. bietet für ein ausgewogenes und optimal zu steuerndes Training eine Vielzahl von Einstellungsmöglichkeiten an. Je nach Wunsch kann der Anwender aus einem von fünf Modi und dazu optional eine Startvariante wählen.
Für den Einstieg ins Training ist eine Hauptvariante bestens geeignet.
Für das intensive Studium der Zugfolgen sind alle Varianten nacheinander (vollständig) zu empfehlen. Eine Variante wird dabei immer mit dem 1. Zug begonnen, was die korrekte Zugfolge aufgrund der häufigen Wiederholungen sehr schnell verinnerlichen lässt.
Anschließend bietet sich der Modus "Alle Varianten nacheinander" an. Hier wird der Beginn einer neuen Variante direkt aufs Brett gestellt, was den Anwender zu schnellerem Umdenken und damit größerer Gedächtnisleistung zwingt.
Schließlich können Varianten zufällig ausgewählt werden lassen, was ein Kurz- bzw. Schnelltraining bei maximaler Gedächtnisabfrage ermöglicht.
Als Hilfestellung und Trainingsunterstützung können Kommentare sowie Zug- und Stellungsbewertungen angezeigt werden.
Darüber hinaus werden die Namen der Eröffnung und der Variante, der Trainingsfortschritt, die Auswertung (so wie sie in den Trainingsergebnissen abgespeichert wird) sowie die verbrauchte Zeit und der jeweils zuletzt ausgeführte Zug eingeblendet. Die Trainingsergebnisse werden grafisch und tabellarisch dokumentiert:
So bieten sie eine ideale Selbst- oder Trainerkontrolle.
Noch ist H.O.R.S.T. eine Baustelle. Nahezu im Wochenrhythmus kommen immer neue Features hinzu. Aber schon jetzt ist klar: H.O.R.S.T. ist von einem Praktiker für die Praxis entwickelt worden - und wird weiter entwickelt.
Deshalb bietet Stephan Schmal schon heute sein Programm mit einer 30-Tage-Lizenz kostenlos zum Download an. Er erhofft sich so möglichst viel konstruktive Kritik aus der Praxis und freut sich über jede Rückmeldung.
Fazit: H.O.R.S.T. ist eine interessante Bereicherung der Schachsoftware-Szene - einfach mal ausprobieren!
H.O.R.S.T. - Professionelles Eröffnungstraining. Link: http://www.project-it.de/horst/
Preis: 30-Tage Vollversion kostenlos
Bewertung: (4/6 Türme)
Ein Hinweis aus der Sicht des Jugendtrainers: Ob mit oder ohne H.O.R.S.T. - das stumpfsinnige Auswendiglernen von Eröffnungszügen hat gerade bei Kindern weitaus mehr schädliche als nützliche Wirkungen. Eröffnungen müssen zuerst verstanden und dann erst gelernt werden!
© 2005 Jörg Sommer. Nachdruck ohne weitere Genehmigung, aber nur unter folgender Angabe: "Autor: Jörg Sommer. Quelle: www.schachbund.de", gestattet.
Jörg Sommer ist Pädagoge, Journalist (ACP-Mitglied) und einer der erfolgreichsten Kinder- und Jugendbuchautoren Deutschlands (http://www.kopietz-sommer.de). Er hat umfangreiche Erfahrung in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen und ist Begründer der unabhängigen Diskussionsplattform KiSch (http://www.kinderschach.net).
// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 3996