26. November 2006
Es hatte etwas von einer Kinopremiere beim Betreten des Spielsaals, in dem sich Kramnik vom gestrigen Samstag an bis Dienstag in acht Tagen gegen das auf Multiprozessoren arbeitende 'Deep Fritz' duelliert. Das lag aber vor allem an den Kinosesseln, über den der wunderschön als Arena angelegte Zuschauerraum verfügt. Die Eröffnungspressekonferenz am Freitag war besetzt mit den Hauptakteuren Vladimir Kramnik und Chessbase-Entwickler und -Geschäftsführer Matthias Wüllenweber, Moderator und Pressechef Rolf Behovits, Stephan Andreae von der Bundeskunsthalle, Schiedsrichter Albert Vasse und die Dolmetscherin, deren Name leider nicht genannt wurde. Das blieb aber der einzige Fauxpas in dieser genialen Mediashow, zu der am Freitagmittag bereits 90 Schachjournalisten akkreditiert waren.
Nach den ersten Statements, von denen vor allem Andreaes' Ausführungen zum 'lebenden Objekt auf der Bühne, dass es beim ernsten Spiel mit dem begleitenden Kulturprogramm zu verschränken gilt' gefielen, erklärte sich Kramnik selbst zum Außenseiter. Die Monstermaschine sei ihm wahrscheinlich überlegen und er sei sicher nicht der Favorit, aber auch nicht chancenlos. Wüllenweber ergänzte brav, die Maschine habe zwar einen großen Vorteil bezüglich der Rechenkraft, der Weltmeister sei jedoch in der Lage, ganz andere Stärken auszuspielen, nämlich langfristige Pläne zu entwickeln. Darin seien die Computer noch immer unterlegen und wer das erste Match am Samstag gesehen hat, mag dem sicher glauben.
Das Eröffnungsbuch von Deep Fritz in diesem Wettkampf, das ganz auf den Spielstil Kramniks zugeschnitten sei, wurde Kramnik im übrigen natürlich nicht zum Studium angeboten. Kramnik wiederum weiß an seiner Seite Stefan Meyer-Kahlen, der als Computerexperte (Shredder, http://www.shredderchess.de) sicher gute Assistenz leistet. Außerdem im Kramnikteam ist GM Christopher Lutz. Deep Fritz hat möglicherweise auch eine Schwäche, die ihn eigentlich stark macht. Da das Programm auf mehreren Prozessoren gleichzeitig läuft, kann es durchaus sein, dass sich in zweifelhaften Fortsetzungen einer der eigentlich miteinander konkurrierenden Prozessoren in dem Moment durchsetzt, in dem der Anwender (Wüllenweber) sich für die Fortsetzung entscheidet. Jedes Matchergebnis das knapp ist, sei für Chessbase ein großer Erfolg.
Nachfolgend lesen Sie beide offiziellen Pressetexte zur Konferenz und Runde 1. Fortsetzung des Matches ist morgen, Montag, um 15 Uhr mit Runde 2: http://www.rag.de/microsite_chess/ Über die begleitende Ausstellung mit Kulturprogramm und die weiteren Bonner Schachausstellungen kann man hier lesen:
/news/article.html?article_file=1164361301.txt&showtopic=
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