26. Juli 2013
Ein Engagement, das den 46-Jährigen jetzt zum Brückenbauer zwischen Ost und West werden lässt: Dank Woscidlos innovativer Unterrichtsmethoden, die interkulturell ausgerichtet sind und insbesondere auch populäre Schachvarianten aus Asien einbeziehen, haben die Grundschule Grumbrechtstraße und die Primary School Affiliated to Nr. 6 Normal School in Shanghai eine Partnerschaft auf den Weg gebracht. Auf diese Weise ist der dynamische Mittvierziger zu einem lokalen Medienstar geworden; gerade erst hat ihm das Hamburger Abendblatt ein ausführliches Porträt gewidmet.
Die Erfolgsformel von Jürgen Woscidlo: In seinen Kursen beschränkt er sich nicht allein auf die Standardausgabe des strategischen Spiels um König und Dame. Sondern die Mädchen und Jungen lernen gleichzeitig noch andere Schachkulturen und -traditionen kennen, von Chinas XiangQi bis zu Thailands Makruk und Japans Shogi. Das bringt Farbe und einen Hauch von Fernweh an die Grumbrechtstraße, und die Teenys sind von der ersten bis zur letzten Minute voll konzentriert bei der Sache. Begeistert bombardieren sie im XiangQi-Szenario den Palast des feindlichen China-Generals am gegenüber liegenden Ufer des Grenzflusses (das Chinaschach kennt nämlich Kanonen!) oder sie setzen, inspiriert von den Denksportlern aus dem Königreich Siam, fröhlich einen Trupp Makruk-Elefanten in Marsch.
Im chinesischen XiangQi, das mit einer halben Milliarde Fans weltweit mehr Anhänger zählt als die hierzulande bekannte Version, sind Jürgen Woscidlos Nachwuchskader inzwischen dermaßen fit, dass sie sich sogar einen internationalen Wettkampf zugetraut haben. Im Januar 2013 traten sie per Internet gegen Gleichaltrige von der „Chinaschach-Kulturgesellschaft der Republik China (Taiwan)“ an, und obwohl Taipeh das Fernduell klar gewann, holte immerhin das erst zehnjährige Heimfelder Talent Rijul einen Ehrenpunkt an die Elbe.
Das Hamburger Abendblatt informierte seine Leser ausführlich über das Match - , und auch die Taipeh-Vertretung in Hamburg veröffentlichte einen Bericht auf ihrer Website.
Hohe Wellen schlug das Event in Taiwan, wo die Inselrepublik - wegen ihres unklaren Status im Verhältnis zur Volksrepublik China - jeden bilateralen Kontakt mit Stolz registriert. Die Website der renommierten Chinese Chess Culture Society brachte einen Report plus Fotos.
Und das wiederum ließ die Peking-Fraktion an der Heimfelder Grundschule Grumbrechtstraße nicht ruhen. Bereits viele Monate vor dem Taiwan-Tag hatte sich Jürgen Woscidlo um Kontakt zu einer Schule in Shanghai bemüht, aber die Sache kam nicht recht voran. Nun aber wollten sich Eltern, die aus der Volksrepublik stammen, von den Taiwanesen, die auf dem chinesischen Festland als Separatisten gelten, nicht die Show stehlen lassen. Sie machten mächtig Druck in ihrer Heimat, und plötzlich ging alles ganz schnell. Eine offizielle Delegation, zu der auch ein veritabler XiangQi-Großmeister gehörte, flog nach Hamburg. Und während der XiangQi-Profi mit den Hoffnungsträgern von Jürgen Woscidlo trainierte, wurde im Dienstzimmer von Schulleiter Rainer Kühlke eine feierliche Absichtserklärung unterzeichnet: Künftig wollen die Grumbrechtstraße und ihr Gegenstück in Shanghai eng zusammenarbeiten.
Schach fördert die Völkerverständigung. Wobei Jürgen Woscidlo, sein Faible für Exotika hin oder her, am Ende trotzdem natürlich dem Klassiker treu bleibt. Schon im Sommer 2012 hatte er eine erste Computer-Battle im Normalschach zwischen der Grumbrechtstraße und einer Schule im kolumbianischen Bucaramanga organisiert. Die Premiere im Cyberspace sah zwar die Südamerikaner vorne, wie das Hamburger Abendblatt reportierte - aber die zweite Runde des virtuellen Kräftemessens ging dieser Tage an die jungen Norddeutschen.
Eine gelungene Revanche, die den rastlosen Jürgen Woscidlo schon am nächsten Projekt basteln lässt: eine Computer-Challenge gegen eine türkische Schule. Und dann selbstverständlich wieder im 64-Felder-Schach der FIDE ...
(Anmerkung der Redaktion: Die Links zum Abendblatt enden auf einer Abo-Seite. Wer zuvor den Link in Google gesucht hat, kommt aber von dort direkt zum kompletten Artikel!)
// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 769