4. Dezember 2014
Es ist zwar schon einen Monat her, aber wir wollen trotzdem noch einmal an die 9. nd-Schachgala Anfang November in Berlin erinnern. Zwei der stärksten europäischen Spielerinnen, Walentina Gunina und Elisabeth Pähtz, saßen den beiden "Schachprinzen" Dennis Wagner und Matthias Blübaum gegenüber. Nach mehreren Duellen stand es am Ende 5:5.
Anna Rose, Reporterin der "Russischen Zeitung" aus Moskau war ebenfalls dabei. René Gralla hat uns eine deutsche Übersetzung ihres nach der Veranstaltung veröffentlichten Berichtes geschickt.
Rossijskaja Gaseta 12.11.2014
In Berlin fand ein ungewöhnliches Turnier statt
Unter dem Motto „Kampf der Geschlechter“ trafen gestern in Berlin vier junge Schachspieler aus Russland und Deutschland aufeinander. Seit 2006 veranstaltet die Zeitung „Neues Deutschland“ ein Frauenturnier auf höchster Ebene zwischen internationalen Meistern und weiblichen Großmeistern. Diesmal beschlossen die Veranstalter, eine Antwort auf die ewige Frage zu finden, welches Geschlecht stärker ist.
Stern des Turniers wurde unsere Landsmännin Walentina Gunina mit dem Titel Großmeister der Männer. Zuvor hatte Walentina zwei Mal das „Frauenturnier“ in Berlin gewonnen, und nach den entsprechenden Regeln wurde sie zum dritten Mal eingeladen. Gemeinsam mit der deutschen Meisterin Elisabeth Pähtz vertrat sie die „Frauenseite“ gegen zwei talentierte junge deutsche Schachspieler – die Internationalen Meister Dennis Wagner und Matthias Blübaum.
Die beiden verdienstvollen Mädchen wurden von den Turnierteilnehmern scherzhaft zu „Königinnen“ ernannt. Dem Alter nach waren ihre siebzehnjährigen Gegner eigentlich „Punktprinzen“, aber nach der Elo-Zählweise war das „starke Geschlecht“ dem „schwachen“ ebenbürtig (Blübaum 2537 Punkte, Wagner 2484 Punkte, Gunina 2522 Punkte, Pähtz 2460 Punkte). Auf dem Turnier spielten die Paare vier Partien „Schnellschach“ und acht Partien Drei-Minuten-Blitz-Schach. Außerdem maßen sie ihre Kräfte im „Doppelschach“ der Paare, wo die Mädchen gemeinsam gegen die Jungs spielten. Der Schiedsrichter des Turniers, Horst Metzing, sagte im Gespräch mit „RG“, dass im seriösen Rahmen solche Partien gewöhnlich nicht gespielt werden, aber dass diese neue Form im Rahmen eines kombinierten weiblich-männlichen Turniers durchaus seinen Platz hat. Das wichtigste für den Schiedsrichter war, darauf zu achten, dass keine Absprachen zwischen den Partnern erfolgten, die an jeweils einer Seite des Schachbretts saßen.
Im „Schnellschach“ waren die Jungs mit dem Endresultat 2,5 zu 1,5 erfolgreicher. Im Blitzschach widersetzten sich die Mädchen dem anderen Geschlecht standhaft und erzielten in acht Partien vier Siege.
Das abschließende Spiel im „Doppelschach“ zeigte, worin die Stärke der Frauen besteht. Walentina Gunina und Elisabeth Pähtz gewannen mit vier Händen gegen die beiden „Prinzen“. Die emotionale Kraft und die Fähigkeit, die Gedanken der Mannschaftskameradin zu erraten, waren stärker ausgeprägt. Dennis Wagner gab später zu, dass das Hauptproblem in der letzten Partie das gegenseitige Verstehen der Partner war.
Der Sportdirektor des Deutschen Schachbundes, Uwe Bönsch, sagte im Gespräch mit „RG“, dass Turniere dieser Art nicht nur wegen der Show durchgeführt werden, sondern die Popularität des Frauenschachs erhöhen. Außerdem können die deutschen Kollegen einiges von den Russen lernen, die über eine längere Schachtradition verfügen und bei denen eine bessere Vorbereitung und Auswahl erfolgt. Walentina Gunina war über das Unentschieden im Turnier überhaupt nicht enttäuscht. Ihrer Meinung nach ist es ist es immer spannender, gegen Jungs zu spielen, weil sie sich auf dem Schachbrett „interessanter aufführen“. Obwohl die russische Schachspielerin in diesem Turnier nicht den Sieg erringen konnte, hofft sie dennoch darauf, das nächste Mal wieder nach Berlin fahren zu können.
Frank Hoppe
// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 19205