17. September 2018
"Kann man bei Dir einen Kurs besuchen?" fragte Jürgen Walter vom Netzwerk "Die Sportpsychologen" am Ende einer Schachpartie, in der er gegen unseren Bundestrainer Dorian Rogozenco unterging. Schachlich hatte der Unternehmensberater und Betreuer für Athleten, Trainer und Funktionäre dem Großmeister nichts entgegenzusetzen. Und dabei wird bei dieser ungleichen Partie die Psychologie nur eine sehr untergeordnete Rolle gespielt haben. Auf höherem Niveau sieht es dagegen ganz anders aus, wie Rogozenco im Interview mit Walter schilderte.
Wenn man weiß, hinter dem Gegner stehen mehrere Trainer oder eventuell sogar noch ein Sportpsychologe, dann fühlt man sich ohne es zu wollen, etwas benachteiligt. Es ist manchmal besser gar nicht zu wissen, wie stark der Gegner ist. Man fühlt sich nicht mehr so sicher, wenn man um dessen Spielstärke weiß.
Die psychologischen Aspekte im Schachsport werden leider in vielen Schachnationen, wie auch in Deutschland, vernachlässigt. "Selbst in der Weltspitze spielt die Psychologie bis heute nur eine untergeordnete Rolle. Dabei gebe es großen Bedarf." sagt der Bundestrainer. Erfahrungen sammelte er bereits als Jugendspieler, wo er sich nur auf sein schachliches Wissen verlassen mußte, wenn er auf sportpsychologisch bestens präparierte Gegner aus den führenden Schachnationen traf.
Welch große Rolle die Psychologie im Schach spielt, bewies nicht zuletzt Emanuel Lasker, an dessen 150. Geburtstag der Deutsche Schachbund in diesem Jahr erinnert. Richard Reti, einer der größten Schachmeister seiner Zeit, warf Lasker vor, absichtlich schlechte Züge zu spielen. Oder genauer formuliert: Lasker spielte nicht den besten Zug, sondern den für den Gegner unangenehmsten.
Lasker wäre wohl der ideale Partner für Dorian Rogozenco gewesen, daß im Deutschen Schachbund "zukünftig sportpsychologisch intensiver gearbeitet wird."
Mehr zum Thema: Sportpsychologie im Schach: Das unterschätzte Potential (mit weiteren Videos)
Frank Hoppe
// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 8668