27. April 2016
Vom 21. – 23. April fand an der Universität Saarbrücken die Interdisziplinäre Tagung „Games of Empires“ statt. Die gemeinsam vom Institut für Alte Geschichte (Prof. Dr. Heinrich Schlange-Schöningen) und dem Lehrstuhl für Transcultural Anglophone Studies (Prof. Dr. Martina Ghosh-Schellhorn) veranstaltete Tagung fokussierte auf Brettspiele und insbesondere auf das Schachspiel. Dafür zeichnete Dr. Mario Ziegler („Das Schachturnier London 1851“) verantwortlich, der die Tagung organisiert hatte. Dementsprechend gehörten einige Teilnehmer zur Crème de la Crème der internationalen Schachkultur.
Namentlich das Ehepaar Prof. Dr. Hans und Barbara Holländer, Dr. Thomas Thomsen (lange Zeit Vorsitzender der Chess Collectors International), Dr. Ulrich Schädler (Leiter des Musée Suisse du Jeu in La Tour de Peilz) und Prof. Dr. Ernst Strouhal (Universität für angewandte Kunst in Wien). Harry Schaack wird in der nächsten Ausgabe von „Karl“ berichten. Viele renommierte Referenten aus verschiedenen Universitäten boten mit ihren Vorträgen ein interessantes, abwechslungsreiches Programm (http://www.uni-saarland.de/fak3/fr39/games-of-empires.htm).
Teils wurden die Spiele, die den Menschen seit Jahrtausenden in immer wieder neuen Varianten, aber nur wenigen Archetypen begleiten, aus der Sicht von Linguisten betrachtet, teils stand der Kulturtransfer zwischen Europa und China im Mittelpunkt, teils die Rolle von Kriegsspielen bei der Einstimmung der Bevölkerung auf kriegerische Auseinandersetzungen, um nur ein paar Schwerpunkte anzuführen.
Tom Werneck (Leiter Bayrisches Spiel-Archiv Haar e.V. mit einer Sammlung von ca. 25.000 Spielen) setzte sich mit dem Einfluss des Kritikerpreises „Spiel des Jahres“ auf die Entwicklung des Marktes für Brettspiele auseinander. Er hat selbst maßgeblich zur Schaffung dieses Preises beigetragen und erläuterte, dass gegenwärtig in Deutschland pro Jahr etwa eintausend neue Spiele erfunden werden.
Mehrmals stand das berühmte „Buch der Spiele“ von Alfons dem Weisen aus dem 13. Jahrhundert im Fokus. Dr. Ulrich Schädler hat zusammen mit Ricardo Calvo eine deutsche Übersetzung dazu geschrieben.
Drei weitere, von mir miterlebte Highlights möchte ich nennen, ohne die anderen schmälern zu wollen: Einmal die gelungene Erstausgabe der neuen, wissenschaftlichen Schachzeitschrift Caïssa (Hrsg. Dr. Mario Ziegler), die zweimal im Jahr erscheinen soll und sehr viel Lesestoff auch für Nichtwissenschaftler bietet http://caissa-journal.de/ . Unbedingt empfehlenswert! Zweitens die Ausstellung „Faites vos jeux – Der Erste Weltkrieg im Spiel“, die von Dr. Schädler konzipiert und vorgestellt wurde. Sie wird über einen Zeitraum von sechs Wochen in den Ausstellungsräumen der Saarländischen Universitäts- und Landesbibliothek zu sehen sein (Campus, Gebäude B 1.1).
Und drittens den Vortrag von Prof. Dr. Bernd-Peter Lange über „Walter und Georg Benjamins Schachpraxis“, worüber ich bisher noch gar nichts wusste. Interessierten empfehle ich https://de.wikipedia.org/wiki/Walter_Benjamin .
Mein persönliches Fazit: Eine wunderbare, sehr informative Veranstaltung, die mir wieder einmal vor Augen geführt hat, wie sehr wir im Deutschen Schachbund die Schachkultur in den letzten Jahrzehnten vernachlässigt haben. Bitte mehr davon!
Herbert Bastian
// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 20882