27. Oktober 2019
Vor einer Woche hat unser Kaderspieler Vincent Keymer beim Turnier auf der Isle of Man seine dritte Großmeisternorm erzielt und ist mit seinen 14 Jahren nun der jüngste Großmeister, den es in Deutschland je gab. Im ersten Interview danach erzählt er, wie er mit dem großen öffentlichen Interesse an seiner Person umgeht und warum Peter Leko genau der richtige Trainer für ihn ist.
Ganz Schach-Deutschland guckt auf Dich – nicht erst seit Deinem Großmeistertitel. Bekommst Du davon viel mit? Beschäftigt Dich das?
Das große Interesse freut mich sehr. Ich denke, dass ich bei weitem nicht alles mitbekomme, was geschrieben wird. Aber natürlich sehe oder lese ich hin und wieder etwas. Es erstaunt mich immer wieder, wie viel Aufmerksamkeit ich mit Schach erreichen kann, wo doch viele sagen, dass Schach in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen wird. Dabei geht es mir ja gar nicht um die Aufmerksamkeit, sondern ich mache Schach, weil es mir wichtig ist und ich große Freude daran habe.
Wie sehen Deine Zukunftspläne aus? Wie weit planst Du voraus?
Meine aktuelle Planung reicht nicht mal ein halbes Jahr weit. Dadurch bin ich offen für relativ spontane Entscheidungen was Turniere angeht.
Wie sind die Reaktionen Deiner Klassenkameraden auf Deine Erfolge?
Inzwischen bin ich in der Oberstufe und dem Kurssystem angekommen, habe aber zu vielen ehemaligen Klassenkameraden noch guten Kontakt. Gelegentlich werde ich angesprochen, wenn es Medienmeldungen über mich gibt. Ansonsten ist es schon lange Normalität, dass ich öfter in der Schule fehle und mich dann meistens nach einem Turnier nach den Unterrichtsinhalten erkundige.
Man hört, es habe eine Veränderung in Deinem Umfeld gegeben. Worum ging es da?
Ja, es gibt eine kleinere Veränderung in meinem Team. Hans-Walter Schmitt, der für den Kontakt zu meinem Sponsor GRENKE zuständig war, hat im Juni das Team verlassen. Diese Zeit war für mich unruhig und anstrengend. Ich hoffe, dass jetzt wieder Ruhe einkehrt und die Situation stabil bleibt.
Wie ist Dein Verhältnis zu Deinem Trainer Peter Leko? Meinst Du, es könnte irgendwann der Punkt kommen, an dem er Dir nichts mehr beibringen kann?
Das kann ich mir gar nicht vorstellen. Peter hat ein so unglaublich großes Wissen über Schach und Erfahrung in allen Arten von Turnieren. Egal ob WM-Kampf, Kandidatenturnier oder auch Sekundant in diesen Turnieren: Peter war Vize-Weltmeister und hat alles selbst erlebt. Welcher Spieler könnte nicht davon lernen? Es ist toll, mit ihm zu arbeiten, von diesem Wissen zu profitieren. Er bleibt immer positiv und es ist super, mit ihm tagelang in die Schachwelt einzutauchen.
Wie kann man sich den Umgang zwischen den Spielern bei einem großen Turnier vorstellen, vor allem zwischen den „gestandenen“ Spielern wie Carlsen, Caruana und Co und den Nachwuchsspielern?
Beim Grand Swiss auf der Isle of Man, vom dem ich gerade komme, habe ich den Umgang der Spieler untereinander als freundlich und manchmal fast familiär empfunden. Jeder weiß, dass die anderen Teilnehmer auch starke Spieler sind und Respekt verdienen.
Hast Du bestimmte „Rituale“ vor einem Turnier oder einer Partie?
Das wichtigste Ritual ist natürlich die Vorbereitung. Ich versuche auch, gut ausgeschlafen zu sein und vorher etwas zu essen. Für mich ist aber nichts von Bedeutung, was in den Bereich des Aberglaubens gehört. Ich kann morgens mit dem linken oder rechten Bein zuerst aufzustehen, ohne mir darüber Sorgen zu machen.
Du bist für die Turniere auf der ganzen Welt viel auf Reisen. Nutzt Du die Gelegenheit, um die Austragungsorte kennenzulernen? Bleibt Dir dafür überhaupt Zeit?
Bei größeren Turnieren gibt es oft freie Tage. Da bleibt manchmal Zeit für einen ausgedehnten Spaziergang durch den Ort oder einen kleinen Ausflug, wie jetzt auf der Isle of Man. Aber man muss während eines Turniers die Spannung halten und freut sich auch, wenn man mal für die Vorbereitung auf die nächste Partie mehr als einen Vormittag hat. Das Sightseeing findet also eher am Rande statt.
12. Fieberst Du bei anderen Sportarten mit?
Zuletzt habe ich live mit Niklas Kaul mitgefiebert, dem neuen deutschen Zehnkampfweltmeister. Wir kommen aus dem gleichen Ort: Saulheim.
// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 23530