1. Januar 2006
Immer wieder kommt es vor, dass sich der Vorstand oder die Mitgliederversammlung über die eigenen Ordnungen (Satzung, sonstige Ordnungen) hinwegsetzen. Solche Beschlüsse und Maßnahmen sind unwirksam und rechtswidrig. Insbesondere bei Mitgliederversammlungen wird die falsche Rechtsauffassung oft vertreten, die Mitgliederversammlung als höchstes Organ könne sich über Ordnungen hinwegsetzen. Dies wird damit begründet, dass die Mitgliederversammlung ja die Ordnungen ändern könne und folglich müsse sie also auch das Recht haben, eine Entscheidung zu treffen, die in der Ordnung nicht vorgesehen sei. Die Entscheidung würde dann sozusagen inszidenter die Ordnung gleich mit ändern. Dies ist falsch! Auch die Mitgliederversammlung muss sich an die Vereinsordnungen halten. Will die Mitgliederversammlung etwas Neues beschließen oder sich über die Ordnungen hinwegsetzen, so muss sie die Ordnungen erst einmal gesondert ändern.
Vorsicht: In einer Mitgliederversammlung kann aber nicht so ohne Weiteres die Ordnung geändert und dann der gewünschte Beschluss gefasst werden. Die Änderung einer Ordnung ist nämlich vorher in die Tagesordnung aufzunehmen. Wenn dies nicht erfolgt ist, kann also in einer Sitzung nicht die Ordnung geändert werden – auch nicht über einen Dringlichkeitsantrag.
Fundstelle: OLG Frankfurt, Urteil vom 23.12.2004, 16 U 81/04
// Archiv: DSB-Nachrichten - Recht // ID 8964