14. Februar 2015
Unser Problemschachexperte Wilfried Seehofer stellte mich mit seiner neuesten Aufgabe vor fast unlösbare Probleme. Wahrscheinlich wäre ich nicht nur an der Lösung gescheitert, sondern schon an der Aufgabenstellung selbst. Die Lösung lieferte er aber zum Glück gleich mit (dem Leser verheimliche ich sie erstmal). Was eine Retroaufgabe ist, mußte ich dagegen erstmal googeln. Dort steht dann sinngemäß, das die Stellung den Regeln entsprechend einer fiktiven Partie folgend entstanden sein muß. Die Stellung muß also eine "Vorgeschichte" haben. Und auch die jetzt folgenden Züge müssen regelgemäß sein. Damit stellt sich jetzt erst einmal die alles beherrschende Frage: Was war der letzte schwarze Zug?
Meine problemschachlichen Qualitäten sind zu geringfügig, um die Stellung nach allen Regeln der Kunst auseinanderzunehmen. Immerhin schaffte ich es trotz dieser Mängel in den 1980er Jahren in die Löserliste der Zeitschrift SCHACH. Dort allerdings immer am Ende der Liste mit einem oder null Pünktchen. Selbst Zwei- oder gar Einzüger trieben mir Schweißperlen auf die Stirn (Gibt es überhaupt Einzüger...?).
Zitiere ich deshalb lieber mal ein paar Fachleute. Nämlich Michael Ehn und Hugo Kastner aus ihrem Werk "Schachkompositionen: Die besten Aufgaben und Komponisten der Schachgeschichte.":
"Möglich oder unmöglich, das ist hier die Frage. Wie Sie gleich bestaunen werden, müsste die Geschichte dieser Stellung rekonstruiert werden, um eine eindeutige Lösung zu finden. Doch hat schon der große Sam Loyd scherzhaft, mit Augenzwinkern, bemerkt: 'Wie jeder Komponist weiß, werden die Figuren bei einem Problem nicht in eine Stellung bewegt, sondern vielmehr bloß platziert, und daher gab es auch kein vorangehendes Spiel.' Bitte letzteren Satz nicht ganz ernst zu nehmen - es muss beim retrograden Schach sehr wohl auf die Geschichte einer Stellung Augenmerk gelegt werden, selbst wenn sie - wie hier - nicht klar zu erforschen ist.
Denken Sie daran, was der letzte Zug von Schwarz gewesen sein könnte. Schritt 1 im Gedankenexperiment: Nach 1. Ke6 droht zwar vernichtend 2. Td8 matt, doch Schwarz entzieht sich dem Schicksal durch eine simple Rochade. Damit weist er aber gleichzeitig nach, dass sein letzter Zug g7-g5 gewesen sein muss."
So, und nun vertiefen Sie sich mal in die Stellung. Wenn Sie in einer halben Stunde noch immer nicht alle Lösungen haben, dürfen Sie gern hier nachlesen.
Frank Hoppe
// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 19427