8. März 2010
Abends, wenn die Partien zu Ende sind und die Spieler beim Abendessen sitzen, kann man sie wieder hören, die Wortfetzen. "Da hätt' ich besser Turm-a-1 gespielt" ... "Zwischenschach gegeben"... "wegen Zeitnot abgewickelt" ... "ins Dauerschach entkommen" ... "von der Eröffnung überrascht". Früher sagten wir in solchen Fällen immer: "Er spricht ein schönes Schach" und meinten aber dann doch eher die bissigen Kommentare während mancher Blitzpartie. Aber Schach kann durchaus zu Wortneuschöpfungen führen. Man muss nur die Experten fragen. www.wortwarte.de ist eine Internetseite, die sich nur mit Wortneuschöpfungen beschäftigt, wie beispielsweise den "Bahnruinator". Sehr hübsch finde ich persönlich auch die "Optimierungszüchtung" oder den "Fummelfaktor". Selbstverständlich muss das auch einer Schachprüfung unterzogen werden. Die ergab dann eine hübsche Reihe von Begriffen, von denen ich zum Teil gar nicht wusste, dass sie im Zusammenhang mit Schach genannt wurden. Dass der "Zickenkrieg" mal im Zusammenhang mit Kosteniuk und Pähtz auftauchte war noch in Erinnerung. Aber wie verhält es sich mit dem "Strategie-Quickie", dem "Braingames-Champion" und dem "Lernkompetenztraining", dass sich auf das Schulschach bezog?
Schach ist übrigens auch "altersoffen", "internetaffin" und wird im Echtformat gespielt. Schachcomputer werden gelegentlich im "Adventure-Modus" gestartet und das "Schwerelosschach" bezieht sich auf den ersten Weltallschachmeister . So findet man bei den Wortschöpfern eine schier endlose Quelle an hübschen Kreationen. An zweien ist der DSB übrigens indirekt beteiligt. Bei der Deutschen Schachamateurmeisterschaft, die dieses Wochenende in Aalen ihre Fortsetzung findet, gibt es einen "intergalaktischen Wendeschach" - Wettbewerb vor der Siegerehrung. Und mein Kollege Axel Fritz hat hier eben selbst unfreiwillig für eine nette Wortschöpfung gesorgt, denn als Übertragungstechniker ist er zweifellos auch "Schachilluminator".
Weit weg von jeder Neuschöpfung, aber passend zum Thema grüßt vor dem Betreten des Kurhauses hier in Bad Liebenzell ein sprechender Mülleimer die Gäste und wählt per Zufallsgenerator einen der acht Papierkorbsponsoren aus. Das klingt dann so: "Die Arztpraxis Dr. Schneider bedankt sich für Ihr Umweltbewusstsein". Den Spielern wäre es vermutlich lieber, wenn er "vermeide im Mitelspiel Springer-d-5" raten würde. Wir schalten um zm Spocht.
Die Zukunft vorher zu sagen, ist ein ziemlich idiotisches Spiel. Aber jedes Spiel macht mehr Spaß, wenn man die Treffer notiert. Es sieht momentan ganz danach aus, als ob wir einen Deutschen Meister namens Igor Khenkin am kommenden Samstag küren. Das scheinen auch die inzwischen reichlich dreieinhalbtausend virtuellen Besucher der offiziellen Internetseite so zu sehen. Heute traf der für Wiesbaden in der Wertung stehende auf Falko Bindrich, dem man durchaus zutrauen durfte, Khenkin zu stoppen. Schließlich war er der Einzige neben dem Setzlistenersten, der volle drei Punkte in die vierte Runde brachte. Khenkin gewann recht souverän, indem er die unglücklich zusammenhängende Figurenkonstellation Bindrichs auszunutzen wusste. An Brett Zwei und Drei strichen Sebastian Bogner, Leonid Milov, Frank Zeller und Alexander Naumann je einen halben Punkt ein, so dass Khenkin nun einen satten Punkt Vorsprung auf die vier Vorgenannten plus den Viertrundensieger Andreas Strunski hat. Ein wahres Feuerwerk brannte Atila Figura ab mit seiner Weißpartie gegen Jens Koller. Nach dessem misslungenen Angriff spielte sich die Stellung wie aus einem Guss und in der Schlussstellung hatte der Berliner zwei Figuren mehr und weitere Drohungen in petto. Die "schärfste" Partie des Tages, fand Klaus Bischoff, entstand beim Aufeinandertreffen zwischen Michael Prusikin und Jens Hirneise und das lag vor allem am völlig außer Form befindlichen Großmeister. Die Internetgemeinde warf dem Kommentator immer mal den Wert des bei Fritz integrierten Schärfemesser per Chat zu. Nachdem Prusikin sich einen großen Vorteil erspielt hatte, ließ er den jungen Rommelshausener noch mal kontern und das machte der ganz prima. Zum Schluss langte es wieder mal nur zum Remis. Freude beim "Deutschen Blinden- und Sehbehinderten Schachbund" (wie es korrekt heißt). Oliver Müller fuhr seinen dritten Punkt - und gegen den Großmeister Raj Tischbierek - ein. In völlig ausgeglichener Stellung fand der Berliner 35... Tg8?, um nach 39. Sxh6 auch noch mit ...Tf8?? dorthin zurück zu kehren, wo der Turm herkam. 39... Db7 hätte die Stellung vielleicht noch retten können.
http://www.schachwochebadliebenzell.de/
Die Bilder des Tages.
// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 7530