Schachmeister und Internetpionier Gerhard Hund verstorben

24. Juni 2024

Gerhard Hund, 1995 bei der Deutschen Seniorenmeisterschaft in Oldenburg

* 4. Februar 1932; † 21. Juni 2024

Bis zum 8. Juni 2024 war Gerhard Hund auf Facebook noch sehr aktiv. Doch seine letzte Nachricht "Ich liege im Krankenhaus" verhieß nichts Gutes für den 92-Jährigen. Dreizehn Tage später postete seine Tochter Susanne in ihrem Facebook-Konto die Nachricht vom Tod ihres Vaters.

Familie Hund 1970: Ehefrau Juliane (1928-1999) und Gerhard (1932-2024) mit Adoptivsohn Allart und den vier Töchtern Susanne (*1958), Isabel (*1962), Barbara (*1959) und Dorothee (*1966). Die Töchter wurden gute Schachspielerinnen, Barbara sogar WGM und Nationalspielerin.

Gerhard Hund war am Brett ein leidenschaftlicher Schachspieler von Meisterstärke. In Vor-Elo-Zeiten hatte er 1962 eine sogenannte Ingo-Wertungszahl von 52, was einer heutigen DWZ von 2424 und in etwa dem Niveau eines Internationalen Meisters entspricht (Bei Ingo-Zahlen war man stärker, je geringer die Zahl ausfiel). Er wurde unter anderem bei der Hessischen Einzelmeisterschaft 1960 geteilter Erster, Hessischer Pokalmeister 1960/61 und nahm 1974 an der Deutschen Einzelmeisterschaft in Menden teil. In späteren Jahren war er oft Teilnehmer bei Senioren-Weltmeisterschaften und zusammen mit seinen Töchtern und Enkelin Sarah bei den beliebten Amateurmeisterschaften des DSB. 2012 - mit 80 Jahren(!) - hatte er noch eine Elo-Zahl von 2152.

Gerhard war auch das Haupt der schachbegeisterten Hund-Familie: Seine Frau Juliane Hund (geborene Meyer, 1928-1999) war eine Schachspielerin von beachtlicher Stärke, die an deutschen Meisterschaften und internationalen Turnieren teilnahm. Sie lernte ihren späteren Mann Gerhard in einem Studentenschachklub kennen.

Alle vier Hund-Töchter sind gute Schachspielerinnen geworden: Barbara wurde 1982 die erste Frauengroßmeisterin Deutschlands, die Deutschland auf Schacholympiaden und bei Interzonenturnieren vertrat, Isabel ist WFM und auch Susanne und Dorothee haben an zahlreichen Schachturnieren erfolgreich teilgenommen. Auch Adoptivsohn Allart spielte Schach. Er verstarb 2006.

2002 wurde Gerhard Hund auch Ehrenmitglied im Schachkreis Rhein-Wupper

Mit Gerhard Hund hat uns ein Mensch und Schachmeister verlassen, der zu den Wegbereitern des Schachs im Internet gehörte. Die Website der Deutschen Schachjugend (DSJ) betreute er von deren Premiere im März 1997 bis zum Sommer 2005. Auch davor war er bereits seit den 1970er Jahren zusammen mit seiner Frau Juliane der DSJ sehr verbunden. Für seine Verdienste erhielt er 2002 von der DSJ die Silberne Ehrennadel, im gleichen Jahr auch die Ehrenurkunde des Deutschen Schachbundes.
Gerhard Hund veranstaltete bereits Schachturniere im Internet, bevor der Deutsche Fernschachbund Turniere per E-Mail startete oder ChessBase Onlinespielmöglichkeiten anbot.

Akribisch und mit viel Liebe hat Gerhard Hund auf teleschach.de Schachhistorisches bewahrt und seine Familiengeschichte erforscht

Gerhards Internetbegeisterung kam nicht von ungefähr. Er studierte 1950 bis 1951 in Jena Mathematik und Physik und arbeitete danach in Darmstadt an der Technischen Hochschule als Wissenschaftlicher Mitarbeiter. Dort beschäftigte er sich frühzeitig mit der Programmierung elektronischer Rechenmaschinen. Nach seinem Wechsel zur Bayer AG nach Leverkusen 1961 wurde er Fachbereichsleiter Systementwicklung in der Informatik und beschäftigte sich ausgiebig mit Computernetzwerken.

Seit seiner Pensionierung 1995 widmete er sich noch intensiver dem Schach im Internet. Seine bekanntesten Projekte sind die Teleschach-Seiten, darunter die erste Website der DSJ, und seine Mitarbeit an der Wikipedia.
Seit dem Beginn seiner Mitgliedschaft bei der deutschen Wikipedia am 28. Juli 2006 hat er mehr als 220 Seiten selbst erstellt und an über 4.500 Seiten mitgearbeitet. Weit mehr als 4.000 Fotos aus eigener Produktion seit den 1950er Jahren hat er zur Wikipedia beigetragen und damit dafür gesorgt, das auch visuelle Erinnerungen an vergangene Schachmeister und -turniere erhalten bleiben. Ein Wermutstropfen dabei ist, das wohl über 1.000 Fotos wegen unklarer Urheberrechte inzwischen wieder gelöscht wurden. Gerhard kämpfte um den Erhalt seiner Bilder, wie man auch an dieser Diskussion sehen kann.

Nach dem Tod von Gerhard wurde auf seiner Wikipedia-Benutzerseite eine Kondolenzliste eingerichtet, auf der schon über 60 Benutzer einen Kommentar hinterlassen haben.

Am 21. Juni 2024 verstarb Gerhard Hund in einem Krankenhaus in Freiburg (Breisgau) im Alter von 92 Jahren. Sein 2002 geäußertes Ziel seinen Vater Friedrich, der 101 Jahre alt wurde, zu übertreffen, ging nicht mehr in Erfüllung.

Wir werden Dich stets in guter Erinnerung behalten, Gerhard und wünschen Deiner Familie viel Kraft bei der Bewältigung des schmerzvollen Verlustes!

Gerhard Hund in der Wikipedia | "Ein Leben für die Jugend" (Teleschach; zum 70. Geburtstag 2002)

// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 11404

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